Re: Gruesse aus Lhasa!

Kleine Leseprobe aus meinem Tagebuch:

Von der Polizei unbemerkt verließen Moritz und ich Lhasa. Tress blieb noch für einige Tage in der Stadt und wollte anschließend auf einer anderen Route nach Kathmandu zurück. Auf leisen Sohlen stahlen wir uns fort. Wir überquerten die am östlichen Stadtrand gelegene Brücke über den Kyitschu, einem Nebenfluß des Tsanpos, wie der Brahmaputra in Tibet genannt wird. Wir blieben einen Moment stehen und warfen einen letzten Blick auf die Stadt und den alles überragenden Potala. Der Highway, von den Chinesen so bezeichnet, war in einem katastrophalen Zustand. Eine mehr als zwanzig kilometerlange Baustelle zwang uns stellenweise die Räder zu schieben. Überall lagen große und kleine Steine. Die Straße wurde auch nach der Baustelle nicht viel besser. Wellblechartig und voller Sand setzte sich der Highway fort. Wir wurden durchgerüttelt und durchgeschüttelt. Wir radelten rechts, wir radelten links. Wir fuhren dort, wo es am angenehmsten war. In Deutschland würde man die "Straße" noch nicht einmal als Feldweg zulassen. Die Landschaft war atemberaubend: schneebedeckte Achttausender, strahlender Sonnenschein und eine unvergleichliche Gastfreundschaft. Buttertee und Tsampa waren unsere tägliche Verpflegung. Die Straße stieg stetig an, und die Fahrt zum Paß wollte kein Ende nehmen.Sie wand sich fast unmerklich in noch nie erreichte Höhen. Es wurde zum Verrücktwerden. Stunde um Stunde verging, ohne daß wir den Paß zu Gesicht bekamen. "Moritz! Denk`daran! Hongkong liegt auf Höhe Null! Es kann nur besser werden!" Wir wußten zwar nicht, ob wir jemals nach Hongkong kommen würden, aber ein Ziel mußten wir uns stecken. Irgendwann wird es wieder in tiefere Zonen gehen. Wir würden nicht in aller Ewigkeit in Höhen des Mont Blanc radeln.

Noch viel Spaß beim Radeln in Tibet!

Bernd