Posted by: marcus1978
Re: Sizilien - 02/01/08 12:35 PM
Hallo BobbieGarfield,
ich war Ostern 2007 für etwas mehr als eine Woche mit dem Rad auf Sizilien unterwegs. Ich bin in einer Schleife von Pozallo aus über das Inland, über die Nebroden im Norden, über die Catania Ätna Region wieder zurück nach Pozallo gefahren mit B&B Übernachtungen. Die Küstenregionen habe ich mit Bus und Bahn überbrückt, dazu später mehr. Ich hatte die ganze Zeit Sonne pur, quasi keinen Wind und ca 20-24 Grad. Meine Erfahrungen:
Top. Ich bin, sobald es geht, nochmal da, dann aber definitv länger. Und dann werde ich den Ätna mit einer längeren Geländeeinlage 'würdigen'. Ich hatte micht zwar schon bereits dieses Mal darauf vorbereitet, musste aber aus anderen terminlichen Gründen den Punkt streichen.
Meide die Küstenregion um Gela und Licata. Sie ist grossteils verbaut mit endlosen Raffinerieanlagen und Gewächshäusern. Wenn du dort etwas in der Ferne glitzern siehst, ist das nicht das Meer sondern PVC Folie. Dazu ist die Kriminalitätsrate gegenüber anderen Regionen deutlich erhöht. Ich habe es zwar selbst nicht erlebt, aber so von mehreren Sizilianern erfahren.
Je näher du an den Ätna und insbesondere Catatia kommst, desto unfreundlicher sind die Leute, desto höher sind die Preise (klar wie nicht anders zu erwarten) und desto dreckiger und unansehlicher wird die Gegend. Du solltest also nicht abseits der Strasse über die Mauer gucken, denn dort siehst du überall nichts als Abfall liegen. Mehrfach musste ich auf grossen Strassen den stinkenden Überresten von Hunden ausweichen, naja das unterdrückt wenigstens den Hungerreiz.
Zum Thema Hungerreiz: Die servierten Frühstücke sind zwar iA lecker - mit Fokus auf Weissbrot und süssen Aufstrichen und Füllungen - jedoch nicht das, was einem gut über den Tag hilft.
In den Monte Iblei macht das fahren Spass, im Vorland endlose Natursteinmauern mit allerlei blühendem Gewächs und Obstbäumen, in den Bergen idyllische grüne Täler mit rauschenden Bächen und astrein geteerte neue Strassen mit erstaunlich wenig Verkehr.
Das Inland ist geprägt von grossen landwirtschaftlich genutzen Flächen (wenig Vieh, mehr Kornkammer) und einsamen Landstrassen, soass mir oftmals nur 1 Fzg pro Stunde begegnet ist. Es ist allgemein wenig Schatten zu finden, sodass mir trotz der gemässigten Aussentemperaturen an Steigungen die eigene gefühlte Kühlertemperatur in den roten Bereich ging. Der Rucksack auf meinem Rücken und der fehlende Gegenwind haben sicher ihren Teil dazu beigetragen. Im Inland fährt man quasi nie eben sondern immer über Hügel, sodass man geschätzt 80% der Gesamtzeit bergauf unterwegs ist. Im Hochsommer ist das wohl nicht zu empfehlen, denn dort sind Tagestemperaturen von 40 Grad nicht unüblich und die Landschaft ist dann braun und vertrocknet.
Die Tatsache, dass die Orte immer auf Bergspitzen liegen, empfand ich psychologisch als 'Herausforderung', denn man wenn man 3 Stunden gefahren ist, kann man immer noch sehen, von wo man gekommen ist, dann dauerts drei Stunden bis man das Ziel erahnt und nach weiteren drei Stunden ist man dann endlich da. Dass hätte ich halt mehr in alpinen Regionen und nicht dort erwartet.
Richtung Nebroden nimmt der Baumbestand zu, der Verkehr aber nicht. Ständiger Begleiter ist dann das Klingeln von Rind- und Schafsherden in den Ohren. Hin und wieder trifft man auf Wildschweine, die Nebrodenschweine, welche sich aber flugs aus dem Staube machen. Das kann man jedoch von den Rindviechern nicht behaupten. Die nicht abgesägten Hörner scheinen deren Selbstbewusstsein zu stärken. Einer Auseinandersetzung mit einem freilaufenden Bullen bin ich entgangen, in dem ich mich selbst vom Tatort entfernt habe, denn ich fühlte mich da gerade nicht im Sportmodus.
Ich bin (shame on me) ohne angepasste Sprachkenntnisse nach Sizilien gereist und konnte mich doch relativ gut verständigen, und zwar dadurch, dass genug Leute noch Deutsch sprechen. Die waren eine Zeitlang als Gastarbeiter bei uns gewesen und etliche kamen sogar aus meiner Heimatregion OWL. Die Leute waren sehr interessiert an dem, was ich da mache. Radreisen oder gar Radfaher scheinen in Sizilien noch nicht so bekannt zu sein. Dazu waren sie überaus hilfsbereit und zuvorkommend. Aufladen meines GPS im Büro eines Fliesenhändlers und einfach so ne Stunde mit ihm schnacken (hat der gar keine Kunden?) war überhaupt kein Problem.
Und wenn man schonmal in Italien ist, muss man natrülich auch die lokalen Pizzen mitnehmen. Grundsätzlicher (sicher allen bekannter) Unterschied zu den in DE gereichten Pizzen ist, dass dort üblicherweise Mozarella und nicht Gouda drauf ist. Abgesehen davon war das Ergebnis nicht unbedingt besser als hier, dh man muss sich in DE nicht grämen. Beliebter Abend- und Nachtsnacks (bspw nach Kneipen und Diskoabenden) sind frisch gegrillte Pferdesteaks, welche man in Catania auch um drei nachts noch kriegt. Interessant, mir aber zu zäh.
@BobbieGarfield
Das mag vielleicht nicht alles so relevant für dich als Selbstversorger gewesen sein, aber ich hoffe du konntest etwas davon gebrauchen. Ich kann die auch gerne die konkreten Routen zukommen lassen, oder nette Übernachtungskontakte.
Grüße, Marcus
ich war Ostern 2007 für etwas mehr als eine Woche mit dem Rad auf Sizilien unterwegs. Ich bin in einer Schleife von Pozallo aus über das Inland, über die Nebroden im Norden, über die Catania Ätna Region wieder zurück nach Pozallo gefahren mit B&B Übernachtungen. Die Küstenregionen habe ich mit Bus und Bahn überbrückt, dazu später mehr. Ich hatte die ganze Zeit Sonne pur, quasi keinen Wind und ca 20-24 Grad. Meine Erfahrungen:
Top. Ich bin, sobald es geht, nochmal da, dann aber definitv länger. Und dann werde ich den Ätna mit einer längeren Geländeeinlage 'würdigen'. Ich hatte micht zwar schon bereits dieses Mal darauf vorbereitet, musste aber aus anderen terminlichen Gründen den Punkt streichen.
Meide die Küstenregion um Gela und Licata. Sie ist grossteils verbaut mit endlosen Raffinerieanlagen und Gewächshäusern. Wenn du dort etwas in der Ferne glitzern siehst, ist das nicht das Meer sondern PVC Folie. Dazu ist die Kriminalitätsrate gegenüber anderen Regionen deutlich erhöht. Ich habe es zwar selbst nicht erlebt, aber so von mehreren Sizilianern erfahren.
Je näher du an den Ätna und insbesondere Catatia kommst, desto unfreundlicher sind die Leute, desto höher sind die Preise (klar wie nicht anders zu erwarten) und desto dreckiger und unansehlicher wird die Gegend. Du solltest also nicht abseits der Strasse über die Mauer gucken, denn dort siehst du überall nichts als Abfall liegen. Mehrfach musste ich auf grossen Strassen den stinkenden Überresten von Hunden ausweichen, naja das unterdrückt wenigstens den Hungerreiz.

Zum Thema Hungerreiz: Die servierten Frühstücke sind zwar iA lecker - mit Fokus auf Weissbrot und süssen Aufstrichen und Füllungen - jedoch nicht das, was einem gut über den Tag hilft.
In den Monte Iblei macht das fahren Spass, im Vorland endlose Natursteinmauern mit allerlei blühendem Gewächs und Obstbäumen, in den Bergen idyllische grüne Täler mit rauschenden Bächen und astrein geteerte neue Strassen mit erstaunlich wenig Verkehr.
Das Inland ist geprägt von grossen landwirtschaftlich genutzen Flächen (wenig Vieh, mehr Kornkammer) und einsamen Landstrassen, soass mir oftmals nur 1 Fzg pro Stunde begegnet ist. Es ist allgemein wenig Schatten zu finden, sodass mir trotz der gemässigten Aussentemperaturen an Steigungen die eigene gefühlte Kühlertemperatur in den roten Bereich ging. Der Rucksack auf meinem Rücken und der fehlende Gegenwind haben sicher ihren Teil dazu beigetragen. Im Inland fährt man quasi nie eben sondern immer über Hügel, sodass man geschätzt 80% der Gesamtzeit bergauf unterwegs ist. Im Hochsommer ist das wohl nicht zu empfehlen, denn dort sind Tagestemperaturen von 40 Grad nicht unüblich und die Landschaft ist dann braun und vertrocknet.
Die Tatsache, dass die Orte immer auf Bergspitzen liegen, empfand ich psychologisch als 'Herausforderung', denn man wenn man 3 Stunden gefahren ist, kann man immer noch sehen, von wo man gekommen ist, dann dauerts drei Stunden bis man das Ziel erahnt und nach weiteren drei Stunden ist man dann endlich da. Dass hätte ich halt mehr in alpinen Regionen und nicht dort erwartet.
Richtung Nebroden nimmt der Baumbestand zu, der Verkehr aber nicht. Ständiger Begleiter ist dann das Klingeln von Rind- und Schafsherden in den Ohren. Hin und wieder trifft man auf Wildschweine, die Nebrodenschweine, welche sich aber flugs aus dem Staube machen. Das kann man jedoch von den Rindviechern nicht behaupten. Die nicht abgesägten Hörner scheinen deren Selbstbewusstsein zu stärken. Einer Auseinandersetzung mit einem freilaufenden Bullen bin ich entgangen, in dem ich mich selbst vom Tatort entfernt habe, denn ich fühlte mich da gerade nicht im Sportmodus.

Ich bin (shame on me) ohne angepasste Sprachkenntnisse nach Sizilien gereist und konnte mich doch relativ gut verständigen, und zwar dadurch, dass genug Leute noch Deutsch sprechen. Die waren eine Zeitlang als Gastarbeiter bei uns gewesen und etliche kamen sogar aus meiner Heimatregion OWL. Die Leute waren sehr interessiert an dem, was ich da mache. Radreisen oder gar Radfaher scheinen in Sizilien noch nicht so bekannt zu sein. Dazu waren sie überaus hilfsbereit und zuvorkommend. Aufladen meines GPS im Büro eines Fliesenhändlers und einfach so ne Stunde mit ihm schnacken (hat der gar keine Kunden?) war überhaupt kein Problem.
Und wenn man schonmal in Italien ist, muss man natrülich auch die lokalen Pizzen mitnehmen. Grundsätzlicher (sicher allen bekannter) Unterschied zu den in DE gereichten Pizzen ist, dass dort üblicherweise Mozarella und nicht Gouda drauf ist. Abgesehen davon war das Ergebnis nicht unbedingt besser als hier, dh man muss sich in DE nicht grämen. Beliebter Abend- und Nachtsnacks (bspw nach Kneipen und Diskoabenden) sind frisch gegrillte Pferdesteaks, welche man in Catania auch um drei nachts noch kriegt. Interessant, mir aber zu zäh.
@BobbieGarfield
Das mag vielleicht nicht alles so relevant für dich als Selbstversorger gewesen sein, aber ich hoffe du konntest etwas davon gebrauchen. Ich kann die auch gerne die konkreten Routen zukommen lassen, oder nette Übernachtungskontakte.
Grüße, Marcus