Re: USA im Frühling: Umwege in Utah/Arizona...

Posted by: veloeler

Re: USA im Frühling: Umwege in Utah/Arizona... - 06/28/16 10:09 AM

UT/AZ: Umwege

...in Form einer "Acht mit Zusätzen" sind geplant.

Zunächst gilt es aber nach Kanab zu kommen.

Nasse Fahrbahn ist heute eher die Regel als die Ausnahme. Dennoch bleibe ich trotz bedrohlich schwarzem Himmel und in Fahrtrichtung sichtbarem Regen überwiegend trocken.


4.5mi geradeaus bis zum Motel. Gegen den Wind dürfen die "Sprinterbeine", wie die ausdauertrainierten Beine unlängst in einem Kommentar genannt wurden, nochmals alles geben. So RICHTIG nass werde ich nicht...
So früh ist das Zimmer* noch nicht bereit und in der Lobby schreibe ich diesen Text.
*wie immer "wheelchair accessible", wenn verfügbar. Auch wenn meiner nur die Hälfte der sonst üblichen Räder hat...

Das erste Zmittag besteht im Wesentlichen aus einem Guetzlipack. Hauptsächlich mit dem Löffel, weil es ein paar Meilen zu lange mitgefahren ist.

Highlight des draussen feuchten Nachmittags ist ein Telefonat. schmunzel

Die lokale Gaststätte am Abend zu unterstützen ist nicht nur meine Idee.
Forrest Gump hat für seinen Weg zurück nach Alabama eine andere Route genommen als ich hergekommen bin. Das herauszufinden kostet mich etwas Schlaf. zwinker

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Über den weiteren Verlauf der Route lasse ich die Lotterie am Morgen entscheiden. Während der Wartezeit kaufe ich den Nationalparkjahrespass, von dem ich mir eher Flexibilität und weniger Papierkram als monetäre Vorteile verspreche.
Die Nummer 10 entscheidet für "nach Westen", was insofern gut ist, dass obwohl ich heute ein "U" fahre, werde ich überwiegend Rückenwind haben. Trotzdem wäre ich lieber zurückgeradelt...

Der Abschnitt durch Arizona hat schlechteren Belag und einen brauchbaren Seitenstreifen.
Mit dem druckfrischen NP-Pass kann ich dem Wegweiser zu einem "National Monument" natürlich nicht widerstehen.

Also soo eindrücklich ist ?Pipe Spring? nicht. Dass ich mich nicht einmal sicher an den Namen erinnern kann, sagt wohl alles zwinker

Die Landschaft ist stets eindrücklich, wie hier kurz vor Colorado City

Die Abfahrt nach Hurricane ist richtig geil.

Natürlich geht es daraufhin wieder die wahrscheinlich gleiche Bergflanke ein paar Meilen weiter hoch - dank zwei Spuren tiptop fahrbar.

Entlang des Virgin Rivers hole ich einen Rennradler ein. Er erarbeitet Routen für organisierte Touren - hier durch wohl eher nicht.

Beim Bike Shop in Springdale sage ich tschüss und erfahre etwas später, dass die Kassette zwar nicht kräftig genug angezogen war, sich damit das Problem aber nicht lösen lässt. Vielleicht(!) würde ein neuer Freilaufkörper helfen. Fazit: Weiterfahren, ignorieren...

Spontan im an Zermatt mit Autos erinnernden Ort entschieden:

Man gönnt sich ja sonst nichts... (das Foto entstand später im Plot)

Die Sonne ist hinter schwarzen Wolken und wird noch eine Weile Licht geben, also nichts wie hinein, in den Park!

Verschlungener Veloweg neben der Verbindungsstrasse


Die Hauptstrasse (Stichstrasse) im Park ist autofrei. Jiiihaaa!
Zuoberst, wo am rollstuhlgängigen Wanderweg leider ein Veloverbotsschild steht, wende ich. Durch meine vielen Stops konnten die Wolken aufschliessen...
Zurück gehts teilweise im Regen. Ist mir aber sowas von egal schmunzel . In ein paar Stunden werde ich auf dem abgeschnittenen Felsen oberhalb des Helms stehen...



Nicht Eiger, Mönch und Jungfrau. Sondern Abraham, Isaac und Jacob.

Den Burger muss ich mit Besteck essen. So weit kann niemand das Maul aufreissen.

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Montagmorgen, 0445 Uhr: Wecker!
Eine Viertelstunde später fahre ich durch das verschlafene Dorf und an den unbesetzten Nationalparkzahlstationen vorbei.

So wirklich nachtfahrtauglich ist das Licht nicht. Geht ja sowieso nur bergauf...
Nach einer halben Stunde Fahrt ohne irgendjemandem begegnet zu sein schnappe ich mir den hauptsächlich mit Kleidern bepackten Rucksack und lasse das Velo für ein paar Stunden stehen. Im Schein der Stirnlampe ist der betonierte Weg problemlos zu finden und durch eine schmale Schlucht machen die Schuhe ordentlich widerhallenden Lärm.

Die stirnlampenbeleuchtete Tafel warnt vor dem gefährlichen Aufstieg.

Die ersten Kraxeleien finden noch im Dunkeln statt, der Tag beginnt aber bald.
Eine Viertelstunde vor Sonnenaufgang - pünktlicher hätte ich nicht sein können - stehe ich oben, auf dem Angel's Landing.

Sonnenaufgang. Leider etwas bewölkt.

Etwa eine Stunde kann ich den Touristenpunkt in aller Ruhe geniessen.



Als nach 2-3h die ersten Hey-hier-oben-habe-ich-sogar-4G-Empfang-ich-stells-auf-Instagram-und-du-auf-Facebook-OK? ankommen, habe ich bereits etwas Büro gemacht und ein paar interessante Menschen getroffen. Was hier oben und vor allem auf dem letzten Abschnitt hierhin bald los sein wird, kann ich mir angesichts der entgegenkommenden Leute etwa denken.
Und ja, die Veloschuhe sind definitiv ungeeignet für das Gelände. Verglichen mit der Ausgelaugtheit und Trittunsicherheit von vielen Entgegenkommenden fühle ich mich dennoch OK (natürlich war es leichtsinnig, ich weiss)... Dass nicht mehr passiert, ist erstaunlich.

Heute gehts gemächlich voran und an jeder Ecke wartet eine schöne Aussicht.

Gemütlich rolle ich zu "The Narrows" (Übersetzung für Insider: Vertünnung), wo ich das Velo abermals stehen lasse (siehe gestern) und zu Fuss dem Fluss entlanggehe. Wegen Sturzflutgefahr ist das eigentliche Highlight - ein Marsch durch die Schlucht - heute verboten. Angesichts der Wassertemperatur käme ich sowieso nicht weiter als einmal hinüber, aufwärmen, zurück. Also nicht in die Schlucht hinein.

Sandbank


Kühl am Schatten, heiss an der Sonne.

Mittagsrast weit unter dem Morgenpunkt im Schatten. Die Temperaturschwankungen sind hier im 10-Minuten-Takt ziemlich stark.

ByeBye, Zion. Schön ists!

Die Fahrt hinab nach Hurricane macht nach alldem nicht wirklich Spass.

Erstmals trage ich das Velo im Motel in das obere Stockwerk und wieder einmal freue ich mich dabei über die geringe Masse der Fuhre...

Irgendwann wird es soweit sein, das war mir schon vor der Tour bewusst. Heute bietet sich die perfekte Gelegenheit: All-you-can-eat.
Mit ordentlich Kohldampf futtere ich mich durchs chinesische Angebot und bin am Schluss etwas beschämt über den Preis des Ganzen - schon allein der erste Sushiteller wäre zu Hause ein Mehrfaches des Buffetpreises hier. Der Spruch zum Abschied lautet You are capable, competent, creative, careful. Prove it!. Wenn da nur nicht car drin vorkommen würde...

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Interstate, Aufstieg, Joe. Diese drei Begriffe sollen den heutigen Tag prägen.

In Utah ist das erlaubt (meistens, wie hier...)


Natürlich kann ich nicht widerstehen, einmal mitten auf der Interstate zu fahren, als der Rückspiegel "grünes Licht" gibt.

Der dritte Platten der Tour (natürlich vorne) ereilt mich an einer guten Stelle. Glück im Unglück also zwinker .

Der Zion NP hat mehr zu bieten, als das "Haupttal" - auch für Nicht-Wanderer (für diese ist es sowieso ein Traum). 5mi aufwärts auf einem Scenic Hwy und die gleiche Strecke daraufhin wieder zurück bei den Kolob Canyons:

Bergauf


Verschnaufpause oder Bremsen abkühlen lassen? Weder noch! Einfach die Aussicht geniessen lach

Nach einem weitereren kurzen Abschnitt auf der Interstate gibts wieder eine Parallelstrasse. Und Rückenwind!

Blick zurück

Nachdem ich am vom OSM-gefütterten GPS vorgeschlagenen Ort für die Poststelle eine Primarschule vorgefunden habe, gibt mir der Schülerlotse eine einfache Wegbeschreibung zur tatsächlichen Post. Guter Lotse zwinker . Die Warteschlange dort ist mir zu lang.
Die Hft/mi sind heute in der Kategorie Hochgebirge, was aufgrund des Rückenwinds, der Kürze der Etappe und natürlich der Landschaft absolut OK ist.

Den Rest des Tages und die Nacht verbringe ich bei Joe in Cedar City*. Begeisterung für Fahrräder und "Aufopferung" für Velotouristen: Beides sprengt hier von mir bisher gekannte Dimensionen! Und ich darf mich nicht einmal in gewohntem Mass bedanken.
*Mir war bei diesem spontan geplanten Umweg nicht bewusst, dass hier (ACA-)Velorouten durchkommen. Es sind drei. Auf dem berühmten (oder vielbefahrenen) Western Express (verbindet TransAm mit San Francisco) werde ich morgen nach Osten fahren und der Grand Canyon Connector (verbindet Western Express mit Southern Tier) startet hier.

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Zitat:
Dear Joe
Thank you very much!

Gut ausgeschlafen geht es heute nochmals richtig berghoch. Der Blick aus dem Schlafzimmerfenster zeigt in dieser Richtung verschneite Berge.


Vom Schatten in die Sonne...

...geht es bergauf durch Schluchten...


...immer höher...


...und fast oben wartet dann diese Aussicht.

Auf ca. 10'000 ft liegt noch ordentlich Schnee. Bevor es abwärts geht, darf ich im Hochtal noch die herrliche Winterstimmung geniessen:

Wow!


Liegevelos sind sooo tief... (die Schneemauer ist mehr als mannshoch...)


See
Mit teilweise horrendem Tempo gehts abwärts und Schicht für Schicht verschwindet in den Taschen. Auf der einzig verbleibenden Steigung (4mi, 6%) wird es sogar richtig heiss...
Bergab stört der Gegenwind nicht so.

Viele interessante Gesteinsformen am Wegrand

Der Loop ist zu Ende. Und hat sich gelohnt. Im gleichen Motel wie vor ein paar Tagen werde ich mit dem komischen Gefährt namentlich wiedererkannt.

Skype. :-)

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Coyote Buttes North. Ein Besuch reizte mich schon vor der Tour und drei (mal drei) Versuche, eine Genehmigung dafür zu bekommen, sind gescheitert. Fast aus Langeweile sah ich beim ersten Kanab-Besuch, dass es HIER eine Vor-Ort-Möglichkeit gibt. Der erste Versuch scheiterte bei Chancen von 4 : 31. Heute habe ich Glück ( 5 : 30 ) und ergattere mir tatsächlich einen von 20 grünen Scheinen für den morgigen Tag.

Erstmal Schuhe kaufen (Flipflops sind ungeeignet, barfuss zu kalt und die Veloschuhe setzen dem Gestein zu). Leider hat der dafür prädestinierte Secondhand-Laden zu. Im Sportgeschäft werde ich fündig.

Food und Wasser en masse in den Magen und aufs Velo laden und als Konsequenz davon auch etwas Luft in das Federelement des Velos...

40mi die gleiche Strecke zurück wie vor ein paar Tagen. Der Rückenwind heute ist stärker als der Gegenwind damals.


Die Strassen sind häufig übersäht mit Flicken. Dass sich die Arbeiter ab und zu einen Spass erlauben und ihren Namen, Smilies oder andere Formen hinterlassen, kommt häufig vor und wird wohl kaum einem Autofahrer auffallen. Dieser Wegweiser ist zwar korrekt (siehe seperaten Eintrag), aber an der Stelle absolut nutzlos...

Der Weg zum Camping in der Nähe des Trailheads ist bei Nässe auch für 4WD-Fahrzeuge gesperrt. "]

Die Aussichten sind jeweils herrlich!

Der Veloständer ist reine Geldverschwendung. Und der Wind pustet das Velo trotzdem um.

Den Zeltplatz wähle ich etwas am Hang statt im Flachen, wo es in ein paar Stunden ev. ganz schön feucht sein könnte...

Garry, pensionierter Kalifornier und Wave-Experte (seine Langzeitbelichtungen in Winternächten sind der Traum) vom Platz nebenan bietet mir an, zusammen die Schönheiten zu erkunden (und später Katherine und Sam, ein junges Paar aus Wisconsin, das heute Morgen mein Schuhproblem mitbekommen hat).

Mit riesiger Vorfreude lege ich mich in den Schlafsack. Uhrzeit unklar ("Stateline Campground"...).

Das Beitragsbild entsteht während eines nächtlichen Spaziergangs unter dem vom Halbmond beschienenen Sternenhimmel. Herrlich!

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0430 Wecker. Eine halbe Stunde später liegt das Velo an meiner statt im Zelt und ich sitze für eine Meile auf Garrys Beifahrersitz. Pünktlich eine Stunde vor Sonnenaufgang gehen wir zu viert los.

Coyote Buttes North

Ich habe bewusst viele selbstdarstellerische Bilder gewählt, um einen Eindruck der Grössenverhältnisse zu vermitteln.


Wandern.


Weg gibts keinen. Trotzdem am Wegrand.


Double Arch.


Gleicher Fels wie oben mit etwas anderer Perspektive.


Waaau!


"The Wave" - das unangefochtene Highlight.


Und ich darf das sehen lach


"Big Mac"


Butte


Ja, es regnet auch ab und zu... Egal.

Ohne Garry finden wir den Rückweg problemlos und wiederum komme ich in den Genuss einer Taxifahrt.
Zitat:
Dear Garry, Katherine and Sam
That was breathtaking!


Velo aus dem Zelt nehmen. Regen abwarten. Hagel abwarten. Zmittag. Zelt zusammenpacken. In einer trockenen Minute fahre ich los...