Re: mit dem Rad zum Schwarzen Meer

Posted by: oktopus

Re: mit dem Rad zum Schwarzen Meer - 10/07/16 12:36 PM

Tag 28 – 19. September 2016 (Tulcea):
PAUSE in Tulcea
Kein Start, keine Fahrt, sondern laaaaaaaaaange schlafen und dann gemütlich Frühstücken stand heute auf dem Programm :-) In der Nacht gab's ein heftiges Gewitter, danach Regenschauer. Die Wetterprogosen für morgen waren ähnlich.

Somit trat Option 4 in Kraft: abwarten und Tee (oder Kaffee) trinken.

Meine 3 Möglichkeiten, die ich mir überlegt hatte, waren:
1. Fähre Tulcea-Sulina - Übernachtung in Sulina - Ausflug ins Delta - weiter mit dem Rad (das ist möglich!) von Sulina nach Sfantu Gheorghe am rechten (südlichen) Mündungsarm "Bratul Sfantu Gheorghe" - Übernachtung in Sfantu Gheorghe - Fähre Sfantu Gheorghe-Tulcea - Übernachtung in Tulcea - weiter mit dem Rad nach Constanta - Heimfahrt nach Wien mit dem Zug.

2. Tagesausflug mit Boot bzw. Schiff ins Delta inkl. Besuch in Sulina mit Mündung und Kilometer 0 - Übernachtung in Tulcea - weiter mit dem Rad nach Constanta - Heimfahrt nach Wien mit dem Zug.

3. Kein Deltabesuch - mit dem Rad von Tulcea nach Constanta - Heimfahrt nach Wien mit dem Zug.

Option 3 war natürlich kein Thema, eh klar :-)

Angesichts der Wetterlage wackelte meine Option 1 (eigentlich meine bevorzugte Variante), da die Regenfälle vermutlich die Küstenstraße bzw. Küstenpiste von Sulina nach Sfantu Gheorghe unter Wasser setzten bzw. schon gesetzt hatten. Und ich wollte nicht ins Meer geschwappt werden. SOOOOO risikofreundlich bin ich nun auch wieder nicht!

Nachdem heute am späten Vormittag die Regenfälle doch aufgehört hatten, war ich in der Stadt und auch am Hafen, um Angebote für Deltaausflüge einzuholen. Die Allgäuer sind, wie schon gestern vermutet, im gleichen Hotel. Und wir überlegen nun gemeinsam, übermorgen einen Ausflug ins Delta zu machen.

Das Biosphärenreservat Donaudelta stellt nach dem Wolgadelta das zweitgrößte Delta Europas dar und umfasst ein Gebiet von 5800 km², wovon 72 % mit einer Fläche von 4178 km² unter Naturschutz stehen. Diese Fläche liegt zu 82,5 % im rumänischen Teil der Landschaft Dobrudscha sowie zu 17,5 % in der Ukraine.

Der nördliche Teil des Reservats - das eigentliche Delta - wird von den 3 aus westlicher Richtung einlaufenden Mündungsarmen der Donau durchflossen: dem (linken) Chiliaarm als rumänisch-ukrainische Staatsgrenze im Norden, dem Sulinaarm in der Mitte und dem (rechten) Sfantu Gheorghe-Arm im Süden. Wie schon erwähnt, gilt der mittlere Mündungsarm (der Sulinaarm oder "Bratul Sulina") als der Hauptarm der Donau. Somit mündet die Donau in Sulina ins Schwarze Meer.

Unmittelbar südlich schließt sich der von Kanälen gespeiste Razim-Sinoie-Lagunenkomplex an. Die Gegend ist bereits seit der Antike spärlich besiedelt. Die Landschaft, Viehzucht und Fischwirtschaft bedienen sich vielfach der natürlichen Ressourcen vor Ort.

In dem Biosphärenreservat konnten bisher etwa 5200 Tier- und Pflanzenarten katalogisiert werden. Die hohe Artenzahl wird einerseits auf das große Angebot an aquatischen und terrestrischen Lebensräumen zurückgeführt, zum anderen auf das geografische Zusammentreffen der zentraleuropäischen Wälder und des Balkangebirges mit den mediterranen Regionen. Die eng miteinander verbundenen Lebensräume wie Röhrichte, schwimmende Inseln, Altarme und Seen, Auwälder und extreme Trockenbiotope in den Dünen bilden im Mündungsgebiet ein einzigartiges Netzwerk von über 30 Ökosystemen. Manche dieser Arten gelten als selten oder vom Aussterben bedroht. Das Reservat beherbergt das mit einer Ausdehnung von etwa 1800 km² weltweit größte zusammenhängende Schilfrohrgebiet und ein bedeutendes Vogelschutzreservat mit der größten Pelikankolonie Europas.

Rumänien erklärte 1990 als erster Donauanrainerstaat seinen Teil des Deltas zum Biosphärenreservat. Die UNESCO nahm das Gebiet 1993 in die Weltnaturerbeliste auf. Rumänien wies das Reservat im gleichen Jahr als Naturschutzgebiet von nationaler und internationaler Bedeutung aus. Seit 1998 ist auch der ukrainische Teil des Donaudeltas ein anerkanntes Biosphärenreservat.

Ab den 1960er Jahren waren weite Teile der Sumpflandschaft für landwirtschaftliche Nutzung trockengelegt worden, wodurch bis 1986 rund ein Fünftel des natürlichen Lebensraums im Delta zerstört wurde. Im Jahr 2000 verpflichteten sich Rumänien, Bulgarien, Moldawien und die Ukraine zum Schutz und zur Renaturierung der Feuchtgebiete im Verlauf der etwa 1000 km langen unteren Donau. Mit diesem vom World Wide Fund for Nature (WWF) initiierten Grünen Korridor entstand das größte grenzüberschreitende Schutzgebiet in Europa.


Die Stadt Tulcea selbst sieht nicht sehr einladend aus, finde ich. Natürlich machen schwarze Wolken eine Stadt nicht gerade freundlich. Ich habe trotzdem ein paar Fotos gemacht (wenn sich das Wetter hoffentlich bessert, folgen noch weitere):







Einen Bahnhof gibt es in Tulcea auch. Allerdings wurde mir im Hotel davon abgeraten, mit der Bahn nach Constanta zu fahren (sollte ich das vorhaben). Die alte Dampflok steht noch als Ausstellungsstück zur Besichtigung in der Endstation Tulcea:



Mir tat es gut, einmal zu FUSS unterwegs zu sein und nicht mit dem Fahrrad :-)

Tag 29 – 20. September 2016 (Tulcea):
PAUSE in Tulcea
REGEN - REGEN - REGEN...

Bei dem starken Regen wollte ich nach dem Frühstück einstweilen nicht in die Stadt gehen.

Laut Wetterbericht sollte sich das Wetter bessern. Somit buchte ich in Sulina ein Zimmer für die nächste Nacht. Die Fähre von Tulcea nach Sulina fährt täglich um 13 Uhr 30. Dort bin ich an der Mündung zum Schwarzen Meer, am Kilometer 0 und am alten Leuchtturm. Ausflüge ins Delta kann man auch von Sulina aus machen.

Tag 30 – 21. September 2016 (Tulcea-Sulina mit der Fähre):
Wer sagt's denn. Blauer Himmel, Sonnenschein, der Tag ist gerettet! Ich checkte im Hotel aus, kaufte mir eine Eintrittskarte für das Biosphärenreservat Donaudelta und ein Ticket für die Fährverbindung nach Sulina. Dann spazierte ich noch durch Tulcea.









In der Fischbar am Kai gönnte ich mir ein Mittagessen und ging auf's Schiff "Moldova". Ich bin echt heilfroh, dass ich nicht schon gestern gefahren bin. Erstens hätte ich die Fahrt nach Sulina im strömenden Regen nicht wirklich genießen können und zweitens fuhr gestern der Catamaran, der viel schneller fährt. Die "Moldova" fuhr die Strecke richtig gemütlich in 4 Stunden. Da hat man mehr davon.



Um 13 Uhr 30 ging's los. Zuerst aus Tulcea raus



und dann den Sulinaarm entlang Richtung Schwarzes Meer. Natürlich fährt das Schiff nur auf dem Sulinaarm und nicht in den Nebenarmen und Kanälen, wo die Tiere beobachtet werden können. Der Sulinaarm ist zu einem großen Teil begradigt und als einziger der 3 Mündungsarme tief genug für Großschiffe. Daher kann man die Fahrt nicht wirklich als Fahrt ins Delta bezeichnen. Aber es war ein Einstieg.



Einige Großschiffe begegneten uns. Das gab jedes Mal ein Hupkonzert, dass man sich die Ohren zuhalten musste.

Je näher wir Sulina kamen, desto natürlicher wurden die Ufer. Die Begradigung hört nach Crisan im Wesentlichen auf. Danach sind die Ufer naturbelassen.





Hier waren wir bereits mitten in Sulina:







Und dann - genau gegenüber der Anlegestelle - war er: der Donaukilometer 0:





Hätten sie den Donaukilometer 0 nicht ein bissl größer oder auffälliger machen können? Ich wusste ja, wie er aussieht. Ich hatte ja im Internet recherchiert und Fotos gesehen. Daher war ich nicht wirklich verwundert. Aber enttäuschend ist die Tafel doch, finde ich. Sie wirkt irgendwie mikrig.

Sulina ist die einzige Stadt innerhalb des rumänischen Teils des Donaudeltas an der Mündung des Sulinaarms ins Schwarze Meer. Die Stadt ist nicht an das rumänische Straßennetz angeschloossen und daher nur mit dem Schiff erreichbar. Sie war schon zu byzantinischer und später genuesischer und türkischer Zeit ein wichtiger Fluss- und Seehafen. Im 19. Jahrhundert war Sulina sogar Sitz der Europäischen Donaukommission. Durch ihre isolierte Lage und den Bau neuerer und größerer rumänischer Donauhäfen verlor die Stadt aber im 20. Jahrhundert an Bedeutung.

Der alte Leuchtturm aus 1802, einige alte Villen am Kai und der große Friedhof sind Zeugnisse ihrer Vergangenheit. Sulina verfügt über einen viele Kilometer langen Sandstrand.

Die Kilometer der Donau werden wie zu Beginn schon erwähnt flussaufwärts gezählt. Die Donau ist der einzige der großen Flüsse, dessen Länge von der Mündung bis zur Quelle gemessen wird. Die Kilometrierung der Donau wurde "an der Mündung bei Sulina" begonnen. Offízieller Nullpunkt der Kilometrierung ist der alte Leuchtturm von Sulina aus 1870 (es gibt 2 !!! alte Leuchttürme!) am Schwarzen Meer. Die Tafel "Kilometer 0" steht genau gegenüber am anderen Ufer des Sulinaarms. Mit der Zeit wurden im Donaudelta weitere Gebiete angelandet, so dass die Mündung ins Schwarze Meer heute einige Kilometer weiter, "vor" dem damals festgelegten Kilometer 0 liegt.

In Sulina ging ich von Bord, bepackte mein Fahrrad, schaltete das Navi ein und fuhr Richtung STRAND! Dabei kam ich zuerst beim Leuchtturm aus 1870 vorbei.





Danach ging's weiter Richtung Plaja. This is the way to the Black Sea ...



Auf dem Weg zum Strand kam mir noch ein Rudel Pferde entgegen. Hier leben noch wilde Pferde! Man glaubt es kaum!

Und dann war ich DA! Ich war am Schwarzen Meer, und das mit samt meinem Fahrrad!







Ich war sogar bis zu den Knöcheln im Wasser (ich glaub, das Wasser war deutlich wärmer als die Luft!).





Jetzt konnte ich wirklich sagen:

ICH HAB'S GESCHAFFT!

Ich bin mit dem Fahrrad von Wien bis zum Schwarzen Meer gefahren!

Danach fuhr ich zur Pension. WLAN funktionierte hier nur im Restaurant, das zur Pension dazugehörte. Aber Hauptsache WLAN!

Mein morgiger Ausflug ins Delta war schon geregelt. Ich lernte auf dem Schiff eine Gruppe Polen kennen. Die waren so begeistert von meiner Radtour, dass sie mich fragten, ob ich mich ihnen anschließen möchte. Sie hatten von ihrem Unterkunftgeber bereits eine Tour angeboten bekommen und waren zu acht. Ich wäre die neunte. Natürlich wollte ich! Auf dem Schiff hatten wir Handynummern ausgetauscht, und am Abend riefen sie mich an.

Tag 31 – 22. September 2016 (Donaudelta):
Bootsausflug ins Donaudelta
Einfach nur schön ....

Blauer Himmel, Sonnenschein. Ich war pünktlich um 9 Uhr 30 bei der Casa Iulia, wo die Polen einquartiert sind. Der Bootsführer holte uns ab, und am Kai ging es auf ein kleines Boot. Zuerst waren wir erstaunt, weil wir doch 9 Personen plus Bootsführer waren. Aber im Nachhinein betrachtet war es so genau richtig!



Und dann fuhren wir hinüber zum Kilometer 0. Ich sah ihn heute aus nächster Nähe und musste ihn nicht heranzoomen. Schöner wurde er dadurch aber auch nicht. Danach ging es den Sulinaarm weiter Richtung Mündung. Der offizielle Kilometer 0 ist nach wie vor gültig für die Kilometrierung der Donau. Der Sulinaarm wurde aber künstlich verlängert und ist derzeit um ca. 7 km länger als er einmal war. Diese künstliche Verlängerung ist auch mit Kilometermarken gekennzeichnet. Der größte Teil des durch den Sulinaarm fließenden Wassers führt über die künstliche Verlängerung bzw. die künstliche Mündung ins Schwarze Meer. Ein kleiner Teil fließt noch durch einen natürlichen Ausgang, der ca. 2,5 km "nach" dem offiziellen "Kilometer 0" ist - quasi KM 0 - 2,5 :-) An dieser Stelle steht der alte Leuchtturm aus 1802.



Die Verlängerung hatte immer mehr Lücken, wurde immer dünner, so dass das Schwarze Meer immer wieder durchblitzte. Wenn man glaubt, dass man am Sulinaarm nichts sieht, irrt sich. Wir sahen Kormorane, sogar Pelikane.



Hier tummelten sich die Kormorane:



Blick auf die Mündung und den neuen Leuchtturm:



Und dann waren wir draußen auf dem Meer. Ich hätte nicht gedacht, dass der Bootsführer mit diesem kleinen Boot aufs offene Meer hinausfahren kann oder darf. Wir hatten allerdings keinen Seegang. Um die linke Begrenzung der Mündung herum ging es in die Musura Bay, vorbei an Inseln und Sandbänken, mitten in einen Pflanzenteppich. Schwärme von Pelikanen, Kormoranen, Schwänen, verschiedener Adler, Reiher, Möwen. Ich bin keine Biologin, daher kenne ich viele Tiere gar nicht. Ich beobachtete sie und fotografierte. Leider geben die Fotos wieder einmal längst nicht die gesamte Schönheit der Natur wider.









Hier waren Pelikane und Kormorane in einer Vielzahl, wie ich sie draußen auf dem Meer nie vermutet hätte. Von der Musura Bay aus ging's schließlich in die kleinen Kanäle im Delta. Manchmal musste unser Bootsführer den Motor herausheben und das Boot mit einem Ruder weiterschieben. Mit einem großen Boot hätten wir so nie fahren können!



















Wir beobachteten verschiedene Vögel von der Ferne genauso wie aus der Nähe. Wir schauten Fröschen zu, wie sie von Blatt zu Blatt hüpften und dann doch abtauchten. Wir beobachteten eine Wasserschlange. Leider sind all diese Tiere nicht sehr fotogen! Und vor allem halten sie nicht inne, wenn man sie fotografieren will! Wir sahen eine Landschaft, die so schön war, dass man gar nicht genug bekommt.

Am liebsten würde ich eine ganze Woche hier verbringen und jeden Tag einen Bootsausflug in eine andere Region des Donaudeltas unternehmen. Es war ein Erlebnis, wie ich es gar nicht beschreiben kann. Der Bootsausflug dauerte 5 1/2 Stunden.

Einfach schön!!!!!

Bei einer Pause unterhielt ich mich mit dem Bootsführer über die Straßen und Wege innerhalb des Deltas und natürlich auch über den Weg von Sulina nach Sfantu Gheorghe. Er meinte: sehr schlecht, würde er mit dem Auto nicht fahren. - Auto war ja nicht das Thema. Wie sieht es mit dem Fahrrad aus? - Überhaupt kein Problem. Das geht schon. Der Wasserstand der Donau und der Kanäle im Delta ist niedrig, daher ist mit Hindernissen nicht zu rechnen.

Somit buche ich für morgen ein Zimmer in Sfantu Gheorghe für meine Variante 1 :-)

to be continued ...