Re: Polen im März - Der Wartheradweg warthenah

Posted by: Britta

Re: Polen im März - Der Wartheradweg warthenah - 04/16/19 08:49 PM

und weiter geht's...

Tag 7: Militärisches Sperrgebiet und ein Bahntrassenradweg - 94km

Posen gefällt uns sehr, hier werden wir bestimmt nochmal für ein Wochenende hinkommen. Das Hotelfrühstück ist lecker und gegen neun brechen wir wieder auf. Wir drehen noch einmal eine Runde durch die Altstadt und sind etwas befremdet, als wir eine Schulklasse beobachten, die von einem Herrn in Soldatenuniform Kommandos zugebrüllt bekommt. Keine Ahnung, was für ein Erziehungs- oder Schulungsprogramm das war, seltsam war es allemal.

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Wir passieren auch eine riesige Kriegsgräberstätte – uns sind es ein bisschen zu viel Kanonen und Panzer hier.

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Der Weg nach Posen rein gestern war toll – der Weg aus Posen raus heute gestaltet sich etwas schwieriger. Wieder mal ist uns eine Baustelle im Weg und wir üben uns erneut in kreativer Wegfindung – nicht unbedingt immer von Erfolg gekrönt.

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Nach ein paar Kilometern haben wir dann den Radweg wiedergefunden. Nun geht’s recht gemächlich über Feld- und Waldwege nach Promnice.

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In Promnice queren wir wieder die Warthe. Auf der linken Flussseite geht es nicht weiter – und ausserdem sind vor uns offensichtlich größere Militärmanöver im Gange. Im Minutentakt hören wir es knallen und donnern. Nicht sehr einladend.
Auf der anderen Flussseite angekommen biegen wir bald wieder von der Straße ab – der Weg durch den Wald erscheint uns viel schöner.

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Ist er zunächst auch, bis wir dann nach einigen Kilometern vor diesen Schildern stehen:

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Kein Durchgang – Militärgebiet. Das ist blöd jetzt, und immernoch tönt im Hintergrund das Übungsfeuer. Da wollen wir nun wirklich nicht rein.
Wir schlängeln uns durch den Wald, immer wieder entlang der Absperrung bis wir den Track erreichen.

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Tatsächlich stellen wir beim Zurückschauen fest, dass auch der Radweg mitten durchs Sperrgebiet geführt hätte.

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Über Straße geht es nun weiter nach Oborniki – ganz ok zu fahren, aber nicht sonderlich spannend. Wir legen beim Konditor eine kurze Kuchenpause ein und fahren dann weiter nach Obrzycko.

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…und treffen dann unterwegs auf diesen Radwegstummel – leider haben wir in Oborniki den Eingang zu diesem wunderschönen Bahntrassenradweg nicht gefunden, ein Hinweis wäre echt schön gewesen. So können wir nur zurückschauen und sagen, das ist bestimmt ein schöner Radweg.

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Das Reststück das vor uns liegt, fahren wir natürlich – bestimmt ganze 300 Meter bis wir dann hier stehen:

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Und nein, hier geht’s beim besten Willen nicht weiter – hier fehlt die Brücke über den Fluss…

Aber der Rastplatz ist super und für mindestens 18 Radler gleichzeitig ausgelegt.

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So bleibt uns offiziell nur die Straße – und da wir Straße irgendwie langweilig finden und ja auch ein bisschen entlang des Flusses fahren wollten, weichen wir bald schon wieder auf Waldwege aus.

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Nach den landschaftlich fantastischen letzten Tagen sind wir von dem Abschnitt heute allerdings tatsächlich etwas enttäuscht – ganz nett, aber auch nicht mehr.
Wir steuern die Fähre bei Chojno an, stellen aber fest, dass die offensichtlich nicht mehr fährt – sie liegt auf Land. Es dämmert, und so beschließen wir den Tag und schlagen das Zelt gleich auf der Wiese am Fähranleger auf.

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Und auch das Reisebärchen legt sich schlafen:

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Tag 8: Wo war jetzt noch gleich die Warthe? - 96km

Da die Fähre ja nicht fährt, bleiben wir auf der Südseite der Warthe und suchen uns einen Weg durch den Wald. Das funktioniert ganz gut bis zum Örtchen Sierakow,

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In Sierakow queren wir über die Brücke und der Weg geht nun meist über die Straße weiter. Immer wieder mal starten wir Anläufe, schönere Wege näher am Fluss zu finden. Das funktioniert aber nicht immer und so landen wir auch mal mitten auf dem Acker wo es dann tatsächlich gar nicht mehr weiter geht.

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In einem kleinen Sklep in einem Ort, der nahezu komplett durch EU Fördermittel aufgebaut zu sein scheint, gibt’s einen Kaffee ausgegeben weil unsere Radelei um diese Jahreszeit hier offensichtlich als sehr ungewöhnlich betrachtet wird. Komisch eigentlich, meint es doch das Wetter mit uns diesmal ausgesprochen gut. Aber auch die örtlichen Hündchen staunen:

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Interessant auch ein im Wald gelegener deutscher Friedhof aus dem späten 19. Jahrhundert, den wir hier passieren. Leider sind die Erklärungen an der Informationstafel nur auf polnisch, die werden wir uns bei Gelegenheit nochmal übersetzen lassen.

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Etwas amüsiert betrachten wir auch immer die leichte Diskrepanz zwischen Ankündigung und Realität der Fähren – immerhin ist diese hier in Betrieb. schmunzel

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Da es heute bisher über lange Strecken fernab der Warthe voran ging, starten wir bei der nächsten sich bietenden Gelegenheit mal wieder einen Anlauf, von der Straße Richtung Fluss auf Feldwege abzubiegen. Über weite Teile funktioniert das auch ziemlich gut und wir radeln auf Trampelpfaden und Wirtschaftswegen entlang des Flusses. Kurzfristig stecken wir mal in tiefen Treckerspuren fest, aber der Rest ist wirklich schön zu fahren.

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Etwas später sehen wir auch wieder mal einen Deich – und wo ein Deich ist, kann die Warthe nicht weit sein. Also versuchen wir auch hier unser Glück.

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Ich muss aber zugeben, dass sich die Warthe-Euphorie langsam etwas legt und als der Weg dann immer mühseliger zu fahren wird, wir doch aufgeben und uns wieder Richtung Straße orientieren.
Der Weg zur Straße ist ein gut fahrbarer Wirtschaftsweg, der dann allerdings auf dem Hof eines Bauernhofs endet.

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Wir hoffen, dass der Hofhund angeleint ist (das war er glücklicherweise – war doch ziemlich groß), schieben unsere Räder Richtung Straße und grüßen freundlich den Bauern, der leicht schmunzelnd zurückgrüßt. Keine Ahnung wie oft verirrte Radler über seinen Hinterhof schieben.

In Wiejce machen wir nochmal kurz Halt beim Sklep direkt gegenüber des Schlosses. Sieht nach einer sehr schönen Anlage aus, wirkt in dem noch winterlich verschlafenen Örtchen aber irgendwie deplaziert.

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Einige Kilometer später entdecken wir dann einen offiziellen Biwakplatz mitten im Wald – zumindest interpretieren wir das Schild so. Ist aber noch ein bisschen früh zum Zelten und etwas düster noch dazu – also rollen wir weiter Richtung Skwierzyna.

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Auffallend ist immer wieder, dass in den Kaminen offensichtlich nicht nur Holz verfeuert wird. Hier stinkt‘s mehr nach Autoreifen oder toter Oma…

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Dagegen bietet die Bushaltestelle geradezu ein hochmodernes Sicherheitskonzept – ob das unbedingt notwendig ist bei dem hier vorherrschenden Verkehr wage ich allerdings in Frage zu stellen.

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In Skwierzyna sollen wir eigentlich den Fluss über eine Brücke wieder queren. Diese Brücke ist allerdings komplett gesperrt.

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So bleiben wir weiter auf der linken Seite der Warthe, staunen über die einladende örtliche Gastronomie und suchen uns wieder unseren eigenen Weg entlang der des Flusses.

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Tatsächlich ist unser Eindruck, dass hier die linke Seite der Warthe landschaftlich sowieso die schönere Alternative ist.

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Es geht durch ein Schutzgebiet und an einer großen Wiese nördlich von Borek finden wir abends auch einen schönen Platz für das Zelt.

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Tag 9: Auf nach Kostrzyn! – 71 km

Es ist Samstag und die Wettervorhersage hat für dieses Wochenende eigentlich schönstes Frühlingswetter vorhergesagt. Der Blick aus dem Zelt ist allerdings ist etwas trübe – es ist völlig nebelig.

Wir packen zusammen und brechen auf. Nachdem sich die Warthe in den letzten 2 Tagen ja häufig sehr rar gemacht hat, kommen wir heute richtig in Flussradweg-Laune.

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Nahezu ununterbrochen geht es über den Deich, immer mit Blick auf die Flussauen.
Und nach einigen Kilometern kämpft sich auch langsam die Sonne durch die Wolken.

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Ein kurzer Einkaufstopp ist in Gorzow Wielkopolsky (Landsberg) und weiter geht’s – die Sonne scheint und der Weg ist einfach nur zum dahinrollen.

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Es ist inzwischen sogar ausreichend warm, um im T-Shirt eine Sonnenpause einzulegen.

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An der Brücke in Swierkocin queren wir einmal mehr die Warthe. Wir fädeln uns wieder Richtung Deich ein, als uns laute Musik entgegendröhnt. Wir sind etwas irritiert wo die wohl herkommen kann und passieren rund 800m weiter ein Haus, vor dessen Eingang ein polnischer Rocker bei voller Beschallung in der Sonne döst. Frühlingsgefühle allerorten! lach

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Hier treffen wir dann auch auf Micha und Claudia, die uns zu einem Wochenendausflug entgegengekommen sind und nun mit uns die letzten Kilometer gemeinsam bis Kostrzyn radeln.

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Es bleibt bei schönem Deichweg – bloß der Wind frischt zum Ende der Reise nochmal ganz schön auf und bringt uns ordentlich zum Schnaufen. bäh

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Die letzten Kilometer durch den Nationalpark Park Narodowy Ujscie Warty sind nochmal richtig schön und bieten eine Menge schöne Ausblicke auf diese weite Flusslandschaft.

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In Kostrzyn angekommen schlemmen wir ein letztes Mal beim polnischen Bäcker, bevor wir nach Deutschland einreisen.

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Auf einem kleinen Zeltplatz auf deutscher Seite schlagen wir die Zelte auf – wir sind die einzigen und ersten Zelter in diesem Jahr. Das Sanitärgebäude ist noch geschlossen, aber netterweise dürfen wir in der Pension duschen und die Toiletten nutzen. Auf die Dusche hatten wir uns gefreut, das ist das erste. Dann wird gekocht, geplaudert und Wein getrunken - bis es irgendwann dann doch kalt wird. Es ist halt immer noch März.

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Tag 10: Ausrollen nach Frankfurt/Oder! – 42 km

Auch am Sonntag morgen scheint die Sonne. Unser erster Weg geht erstmal noch nach Norden, denn wir möchten ja auf alle Fälle noch die Warthemündung in die Oder sehen.

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da kommt die Warthe angeflossen

Da ist sie - wo wir dem Fluss jetzt eine Woche gefolgt sind, werden wir fast ein bisschen wehmütig. Nach einer kleinen Fotosession wenden wir uns nach Süden. Heut soll es nur noch bis Frankfurt gehen und dann von dort mit dem Zug nach Berlin.
Auf dem perfekt asphaltierten Oder-Radweg rollen wir mit leichtem Rückenwind Richtung Süden.

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In Lebus angekommen können wir es mal wieder nicht lassen. Der Oderradweg verlässt hier die Oder und folgt der Straße – aber wie schon in Polen immer wieder gefragt: wieso vom Fluss wegfahren, wenn es doch auch Wege entlang des Ufers gibt?
So bleiben wir am Fluss – hier ganz klar die viel schönere Alternative zu der offiziellen Wegführung entlang der Schnellstraße.

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Und bei der Gelegenheit stolpern wir mehr oder weniger zufällig über die ersten Vorboten des Frühlings – ganze Hänge voller Adonisröschen die hier grade beginnen zu blühen. Banausen die wir sind, hätten wir das überhaupt nicht zu würdigen gewusst, hätten uns nicht Micha und Claudia darauf hingewiesen.
So können wir aber dann auch verstehen, warum die anderen Spaziergänger auf der Wiese rumkrabbeln und verzückt Fotos machen.

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Wir folgen dem Fluss bis Frankfurt und hocken uns dort nochmal auf den Marktplatz in die Sonne. Während diese uns die Nase verbrennt, stellen wir fest, dass das Kuchenangebot beim deutschen Bäcker im Vergleich zu den polnischen Konditoreien absolut kümmerlich ist

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Am frühen Nachmittag steigen wir in den Zug und erreichen eine Stunde später Berlin.

Was bleibt zu sagen? Es war eine superschöne Tour! Völlig entspannt in Anreise und Durchführung durch eine außerordentlich schöne Flusslandschaft. Unseren in Namibia gefassten Vorsatz, bei der nächsten Reise vorwiegend Asphalt zu fahren hatten wir gleich am ersten Tag über den Haufen geworfen und das keinen Meter bereut. Die Wege waren fast alle gut fahrbar, und auch wenn die Autofahrer uns ausgesprochen rücksichtsvoll erschienen, waren die Fahrten abseits der Straßen für uns die schönere Option. Und der Abschnitt zwischen Stausee und Posen dabei der zweifellos schönste Teil der ganzen Tour.

Viele Grüße
Britta