Durch Slowenien von Süd nach Nord - Tag 1

Posted by: Kaffeetasse

Durch Slowenien von Süd nach Nord - Tag 1 - 09/23/19 06:19 PM

Tag 1: Kraljevica – Bač

Laut diverser Wetter-Apps soll es eigentlich ein kompletter Regentag werden. Aber wie meist auf meinen Radreisen habe ich unverschämtes Glück. Eine halbe Stunde nach meinem Aufbruch fängt es etwas halbherzig an zu tröpfeln, aber bis ich mein ganzes Regengedöns herausgezerrt und angebracht habe, ist der Spuk auch schon vorbei. Meine Eingabe an den slowenischen Wetterdienst war wohl erfolgreich: Es wird noch viele Stunden trocken bleiben, die himmlischen Sturzfluten werden erst 15 Minuten nach meiner Ankunft im Quartier heute Abend losgelassen schmunzel

An die Strecke bis zur kroatisch-slowenischen Grenze hatte ich keine besonderen Erwartungen gestellt, - daher gab es auch keine Enttäuschung. Entlang der Bucht bis Bakar ist es unspektakulär bis unästhetisch (Güterhafen, Öltanks) danach geht’s etwas bergauf ins Hinterland über kleine Orte wie Kukuljanovo, Čavle und Dražice an den Fluss Rječina, bei Trnovica ist die nächste Höhenstufe zu überwinden, und dann geht es auf Nebenstraßen östlich der E61 auf den Grenzübergang bei Rupa zu.

Dort kann man sich wenige hundert Meter vor der Grenze auf die Hauptstraße einfädeln und ist nach zweimal mit dem Perso wedeln unkompliziert aus Kroatien aus- und nach Slowenien eingereist.

Die Straße nach Ilirska Bistrica (oder wie’s zu Franz‘ und Sissy’s Zeiten hieß: Illyrisch Feistritz) schien mir bei der Planung nicht so vielversprechend, also biege ich direkt nach der Grenze auf die Nebenstrecke ab, die über Novokračine in das Tal der Reka führt. Eine gute Entscheidung: schöne Landschaft, quasi kein Kfz-Verkehr.







In Ilirska Bistrica stärke ich mich im Restaurant ‚Triglav‘ erst einmal ausgiebig. Nachdem in irgendeinem Reiseführer dieser südliche Teil des Landes etwas despektierlich als das ‚Armenhaus Sloweniens‘ bezeichnet wurde, bin ich angenehm überrascht, wie schmuck und florierend der Ort doch wirkt. Es gibt ein paar wenige eher morbid-dekorative Ruinen, aber insgesamt scheint mir die Wirtschaftslage hier gar nicht so prekär zu sein.





Kurz hinter Ilirska Bistrica auf der Straße 404 dann zwei dieser „Die-Welt-ist-ein-Dorf“-Erlebnisse: an einer Baustellenampel komme ich neben einem Auto mit Kennzeichen meiner Heimatstadt zu stehen. Da das Beifahrerfenster offen ist, spreche ich die Insassen an. Vier junge Männer auf der Heimreise vom Kroatien-Urlaub zurück ins Herz des Ruhrgebiets machen eine kleine ‚Überland-Schleife‘ um noch bei einem slowenischen Bekannten vorbeizuschauen. Gegenseitiges Erstaunen über die Zufälle des Reisens, dann wird’s Grün und weiter geht’s.

Ich versuche gerade noch, die Eintrittswahrscheinlichkeit einer solchen Begegnung grob abzuschätzen, als ich von einem zweiten deutschen Auto überholt werde, - diesmal mit Kennzeichen meiner Zweitheimat Bayreuth. Ich beschließe für hier und heute, dass der lebenspraktische Nutzen der Stochastik überschätzt wird, und nehme diese Häufung unwahrscheinlicher Ereignisse einfach mal so als normal hin.

Vor Sembije verlasse ich die Straße auf eine Nebenroute in Richtung Podtabor, und folge von dort aus auf Feldwegen dem Höhenzug westlich von Knežak.



Das sind so die Radwege, wie ich sie liebe. An einer Stelle ist auf dem schottrigen Untergrund wegen der Steigung kein Fahren möglich, - aber 500 m schieben sind keine Schande.





Außer einer älteren Pilzsucherin begegnet mir kein Mensch auf dieser Strecke. Herrlich!



An exponierten Stellen gibt es immer wieder Kapellen und Kirchen zu bestaunen, - das bleibt in ganz Slowenien wohl so.



In der Ferne hört man schon kräftiges Donnergrollen, - aber ich habe ja eine Abmachung mit Zeus, dass Blitze heute erst nach 19 Uhr geschleudert werden dürfen.



Mein Unterkunftsort Bač liegt da unten, - irgendwie schade um den Höhenverlust, aber ein paar km Abfahrt haben auch ihren Reiz.

Kurz vor Bac liegt noch die Ruine von Grad Kalec (Schloss Steinberg) am Wegesrand. Der slowenische Schriftsteller, Komponist und Politiker Miroslav Vilhar ist hier 1871 gestorben.



Ich halte mich aber nicht lange auf, denn nun kommt das atmosphärische Gerumpel doch deutlich näher.

Rechtzeitig vor dem Regen schaffe ich es in meine Unterkunft. Unter der Dusche höre ich dann Dank der geöffneten Balkontür, wie sich zum Plätschern meiner Warmwasserbrause auch das Prasseln des einsetzenden Gewitterregens als Begleitstimme gesellt. Aus dieser Position ein Wahnsinns-Duett. In der Tourist Farm bin ich der einzige Übernachtungsgast und werde entsprechend intensiv umsorgt. Der Chef kocht selbst, und ich wähle das Menü mit dem gegrillten Lamm (kein Fehler). Mit Radler ist man hier auch gut bestückt, - also muss ich nicht durstig ins Bett.