Re: Kompakt- oder Handykamera??

Posted by: Freundlich

Re: Kompakt- oder Handykamera?? - 04/01/12 06:47 PM

Ich lese einige Missverständnisse heraus:
Mit elitärem Verhalten hat Fotografie nur für diejenigen zu tun, die sich diese Jacke anziehen. Spätestens seit 1920 war Fotografie auch für Lohnempfänger bezahlbar. Auf welchem Niveau, war bereits damals ganz verschieden. Geheimwissen gab es darum nie. Und die Möglichkeiten, sich mit einer sehr teuren Kamera und langen Teleobjektiven soziales Ansehen zu verschaffen, sind doch sehr begrenzt. Eher macht man sich lächerlich. Ein aktuelles Smartphone bietet in dieser Beziehung mehr...

Dass die Menge der fotografierten Fotos allein eine Steigerung der Bildqualität bewirkt, ist leider falsch. So steht das sicher nicht in guten Lehrbüchern. Der größte Teil fotografierender Menschen will die Bilder nicht besser machen und hat keinen bewusst gestalterischen Anspruch. Wer wirklich an einer Steigerung der eigenen Bildqualität interessiert ist, muss sich bewusst mit Motiv, Gestaltung, Technik und Präsentation auseinandersetzen. Vorzugsweise im Gespräch mit anderen, nahestehenden und bildkünstlerisch erfahrenen Menschen. Ob an einem Bild oder mit zehn Motiven ist egal. Da der Prozess mühsam, zeitaufwendig und anstrengend ist, lautet die erste Aufgabe normalerweise: Bringe deine zehn besten Bilder mit. Für uns Amateure ist es schon schwer genug, zehn bessere Bilder aus 200 schlechteren herauszufinden. Mehr Masse frustriert nur. Es ist für die eigene fotografische Entwicklung völlig sinnlos, möglichst viele Fotos zu machen. Im Gegenteil: Eine sinnvolle Lehraufgabe würde lauten: Fotografiere auf deiner nächsten Sonntags-Radtour drei gute Motive und arbeite an jedem Motiv mindestens eine halbe Stunde. Drücke jedoch nur auf den Auslöser, wenn Du bewusst Entscheidungen getroffen hast (Aufnahmestandpunkt, Licht, Brennweite, Belichtung, Blende, Verschlusszeit). Vermeide Zufallsergebnisse.

Dass Filmfotografen aus Kostengründen manchmal zu oft am Material gespart haben, ist Geschichte. Aktuell hat tatsächlich leider die gegenteilige "Schrotschussmethode" die meisten Anhänger. Das Verfahren ist ebenso kontraproduktiv. Aus einer Vielzahl von Bildergebnissen die besseren herauszufinden, setzt viel Erfahrung voraus. Ein Anfänger kann hier nur zwischen einfachen Kriterien unterscheiden (scharf/unscharf, farbintensiv/blass u.s.w.). Leider haben solche fototechnischen Kriterien haben aber nicht viel mit gestalterischer Qualität zu tun. Ein flaues und unscharfes Bild kann das gestalterisch beste sein...

Dass bei bestimmten Motiven der Tier-, Sport- und Reportagefotografie unter Erfolgsdruck eine hohe Bildfrequenz oft die Rettung ist, bleibt fotografische Praxis. Hat aber wenig mit der eigenen gestalterischen Bildung zu tun.

Dass am Kameradisplay eine Erfolgskontrolle erfolgen kann, ist ein Irrtum. Wenn es wirklich um eigene Fortbildung geht, dann braucht es einen guten und großen Monitor. Und für die besseren Fotos einen Abzug auf 30 x 45 cm.

Dass alle Fotografen eine persönliche, hohe "Ausschussquote" haben, hat wiederum nichts mit der Anzahl der Fotos zu tun. Schuld daran ist allein der eigene Anspruch an sich. Deshalb lassen ältere und erfahrenere Fotografen oft weniger Fotos als "vielleicht ganz gut" durchgehen, als unerfahrene Anfänger.

Dass Anfänger ganz gut mit einfachster Technik lernen können, ist ein weit verbreiteter Irrtum. Leider haben interessierte Amateure oft nicht die Mittel und die Gelegenheit, mit guten und oft teurem Werkzeug zu arbeiten. Das erschwert die gestalterische Fortbildung. Wer nur Bildergebnisse eines 100-Euro-Billigzooms kennt, wird zwangsläufig dieses Niveau als Maßstab nehmen. Wer mit einem Smartphone arbeitet, wird nie etwas zum Thema Schärfezone und Porträt mit Freistellen wissen wollen.

Wer mit einem Smartphone auf einer Radreise fotografiert, hat kaum gestalterische Möglichkeiten, aber viele technische Einschränkungen und Fehler. Als Notizbuch geht das. Leider hätte man später gern manches Foto in besserer Qualität. Zu spät. Wenn ich eine schlechtere Kamera im Gepäck hatte, habe ich es später immer bereut. 200 g Mehrgewicht sollte einem Fotografie Wert sein, sonst kann man ganz darauf verzichten.