Re: Reiserad - welche Bremsstrategie?

Posted by: ohne Gasgriff

Re: Reiserad - welche Bremsstrategie? - 04/09/16 01:19 PM

So richtig ich es finde, immer alles und jedes zu hinterfragen - daß diese Frage aufkommt, wundert mich jetzt doch ein bisschen. Wie man in den Bergen mit der Bremse umzugehen hat, wird in jeder Fahrschule gelehrt, und jeder Alpenbewohner, jeder Trucker, jeder, der schon mal einen Traktor gefahren hat wird bestätigen, daß keine der üblichen Radbremsen für Dauerbremsungen geeignet ist. Die Physik ist ja hüben wie drüben die selbe, nur daß wir nun mal keinen Motor und keinen Retarder zur Verfügung haben, folglich auf die Radbremsen angewiesen sind und das Beste daraus machen müssen. Wenn's mit einem schweren PKW-Anhänger derart steil irgendwo runter geht, daß die Auflaufbremse permanent zumacht, fängt's nach kurzer Zeit hinten zu qualmen an. Auch der Hersteller weiß da keinen anderen Rat, als dann eben eine Abkühlpause einzulegen. So schwer das Ganze auch physikalisch-mathematisch darzustellen ist, letztlich ist es doch ein Allgemeinplatz und Grundlagenwissen.

Beispiele: Ich (alter Mopped-Haudegen) bin mit einer Begleiterin (wesentlich leichter als ich) in Stuttgart vom Birkenkopf in den Kessel runtergefahren (Hasenbergsteige, diese Ecke da). Ich, wie gewohnt im Sturzflug und an jeder Einmündung etc. auf der Bremse, daß der Vorderreifen schmatzt. Unten angekommen nach letzter harter Bremsung dann warten auf Sie, weil wir uns ab hier verlieren könnten. Dabei gleich mal mit dem Finger an die Felge getippt (V-Brake), weil ich mir da immer ein bisschen Sorgen mache, aber die war nur mäßig warm. Nach 'ner ganzen Weile kam Sie, hält neben mir an und ich fasse mal gleich an ihre Vorderradfelge: Autsch! Die war also wesentlich langsamer und zögerlicher abgefahren, hat bestimmt 25kg weniger auf den Rippen, hat aber trotzdem die Bremse dabei viel weiter hochgeköchelt als ich.

Lange Steilabfahrt im Wald, V-förmig ausgewaschen, feucht und ständig geht's über nasse Wurzeln, glatte Felsen, schräg zur Fahrtrichtung liegende Äste und solche Nettigkeiten. Alle Nase lang muß man aus der Rinne raus an den Schräghang und bei all dem immer wieder die Vorderradbremse öffnen, sonst liegt man sofort auf der Nase. Um langsam und kontrolliert da runter zu kommen, darf man es andererseits nie ungebremst rollen lassen, weswegen die Hinterradbremse ständig mehr oder weniger zu bleibt - und nach 300m fangen die dödeligen XLC-Dreikomponentenbeläge der Hinterradbremse (V-Brake) zu schmelzen und zu stinken an. 300m bei etwas mehr als Schritttempo!

Natürlich gibt's auch auf Asphalt Strecken, wo man es einfach nicht frei rollen lassen kann. Man kann dort aber abwechselnd mal die vordere, mal die hintere Bremse zuziehen, damit die jeweils andere währenddessen abkühlen kann. Genau das tu ich dann auch.