Re: Reiserad - welche Bremsstrategie?

Posted by: veloträumer

Re: Reiserad - welche Bremsstrategie? - 06/06/16 04:37 PM

In Antwort auf: lutz_

Meine Frage welche Bremsstrategie die Radprofis bei längeren Abfahrten anwenden, bleibt nach wie vor unbeantwortet. Offensichtlich überhitzen deren Bremsen nicht, also kann auch deren Strategie nicht allzuschlecht sein...

Ein Baustein, den wir als Reiseradler sicherlich übenehmen können, ist das Aufrichten des Oberkörpers vor der nächsten Kurve.

Just das kann der Rennradler auch, wenngleich er vielleicht mehr mit Körperverlagerung unterhalb der Aufrechten arbeitet. Just das habe ich schon weit oben erwähnt - die Bremsstrategie ist ein Gesamtarbeit aus Mensch und Technik. Genau die "schwachen" Bremsen des Rennradlers dienen ja auch der besonderen Dosierung. Ich bin schon in alpine Radrennen reingeraten und die Teilnehmer fahren sogar Reifen an Reifen hinunter (so u.a. am Col de Montgenèvre), verschwenden zudem keine Millimeter Straße - also überschreiten die Sicherheitsabstände eines gewöhnlichen (Reise)Radlers ständig. Wenn ich auf gerader Strecke nur wenig gegenüber den Rennradlern verloren habe, addierten sich die Unterschiede dann aber kräftig in den Kurven.

Zudem werden für Profirennen meist nicht die schlechtesten Straßen ausgesucht, im Zweifel wird die "bessere" Seite zur Abfahrt ausgelobt. Warum ist bei der Tour Alpe d'Huez eine Bergankunft? - Nicht weil es nicht weitergeht, sondern weil über den Col de Sarenne niemand hochfahren, geschweige denn runterfahren möchte. Am Lanzenpass (Friaul) konnte ich beobachten, wie die Ausbesserungen für den Giro sichtbar auf Abfahrtsteilen gemacht wurden (bei den Zwischenabfahrten). Am Monte Zoncolan ist eine Seite so autobahnartig, dass ich selbst kaum die Bremsen einsetzen musste. Einige der schmalen, nicht einfachen Pyrenäen-Straßen sind bei der Tour de France auch zunehmend unter Kritik geraten, da sie zu gefährlich seien. So gesehen möchte man möglichst bremsarme Strecken für die heutige Wettkampfdynamik.

Da hier oben eigentlich bereits gezeigt wurde, dass Überhitzung kein essentielles Problem ist, lässt sich auch ableiten, es ist vor allem kein akutes Problem - sprich: Wenn durch Überhitzung der Abrieb an der Felge überdurchschnittlich sein sollte, ist das Rennfahrersicht gar kein Problem, dessen Räder nicht notwendigerweise Antiverschleißrekorde aufstellen müssen. Es steht jederzeit nach jeder Etappe neues Material zur Verfügung, im Zweifel sogar während der Etappe. Schließlich fahren die auch mit Carbongerümpel, was kaum eine ernste Reisetour aushalten würde - schon gar nicht die Schottereinlagen, wo ja das eigentliche "heiße" Stotterbremsen erst richtig beginnt.