Re: Ein Troll wird gebaut

Posted by: JWi

Re: Ein Troll wird gebaut - 07/27/12 08:52 PM

Moin Sebastian,

ich wünsche dir auf jeden Fall viel Freude beim Selbstaufbau. Mit etwas Vorwissen und Sorgfalt bekommt man das auch ganz gut hin, kann ich aus eigener Erfahrung sagen. Spaß macht es und learning by doing ist sowieso immer gut.
Der Troll gefällt mir gut, auch wenn mir die horizontalen, nach hinten offenen Ausfallenden etwas unsympathisch sind. Sie werden bestimmt funktionieren. Eine Rohloff funktioniert aber natürlich auch in vertikalen Ausfallenden mit Kettenspanner problemlos.


Zu deinen Fragen:

Ja, Plastikschutzbleche sind wintertauglich, das haben z.B. meine SKS Bluemels letzten Winter bis mindestens -15°C bewiesen. Sowohl die Bluemels als auch die Chromoplastics gibt es als 559-Variante in 65mm Breite, das sollte reichen. Eine Alternative für ähnlich viel Geld gibt es z.B. von Curana (C-Lite). Da ist aber m.W. bei 60 mm Schluss. Von Modellen, bei denen man die Halterung der Streben an den Blechen mit einer Schraube festklemmen soll, würde ich persönlich abraten. Hielt bei denen, die ich mal hatte, nicht wirklich gut.
Die Berthoud kosten allerdings auch kein Vermögen und wenn dir die besser gefallen, nimm sie ruhig. Stahl kriegt Dellen und ist wahrscheinlich schwerer, vielleicht halten sie aber länger. Meine ersten Bluemels sind nach gut zehn Jahren bei der Demontage sauber zerbrochen, als ich sie etwas härter angepackt hab (ich glaube, um die Strebe aus der Halterung zu holen). Vielleicht spröde geworden, das wird bei den Berthoud wohl nicht passieren.
Schließlich sind die vorhandenen natürlich auch eine Option, wenn noch brauchbar, und sicher die kostengünstigste. Bei Schutzblechen hat es in den letzten 50 Jahren auch keine bahnbrechenden Neuerungen gegeben zwinker

Der FSA The Pig gilt als bewährter, günstiger Steuersatz. Kein Leichtgewicht, da die untere Schale aus Stahl ist, kann daher auch rosten, ist aber robust und kostet keine 20,- Euro.
Diesen habe ich, allerdings erst seit 3500 km ohne allzu große Belastung. Bisher kann ich nicht klagen, macht für 25,- Euro einen hochwertigen Eindruck. Ist sicher nicht so massiv wie der FSA, dafür etwas leichter.
Einen guten Ruf in Bezug auf Verarbeitung und Langlebigkeit hat Acros, geeignet wäre z.B. der AH-06. Falls es dir wichtig ist, die sind Made in Germany. Kostenpunkt liegt in der Regel so bei 70,- Euro, mit Glück bekommt man sie auch mal um die 40,-.
Natürlich gibt es unzählige weitere Alternativen, aber die genannten werden hier häufiger mal positiv erwähnt (bzw. ich hab selbst Erfahrungen damit gemacht). Ein gewisser Chris King beispielsweise ist dir sicher auch schon über den Weg gelaufen, der ist aber nicht nur berühmt für die Langlebigkeit sondern auch berüchtigt für die Hochpreisigkeit seiner Produkte...

Beim Sattel ist es unmöglich, allgemeingültige Empfehlungen abzugeben. Ein Indiz, welche Sattelbreite passen könnte, ist der Abstand der Sitzknochen, den man selbst ganz gut messen kann (Stichwort Wellpappenmethode). Wenn du längere Strecken zurücklegen möchtest, sollte der Sattel nicht zu weich sein, soviel kann man sagen.
Vielleicht passt dir ein modernes High-Tech-Gerät sehr gut oder auch der 10,- Euro - Sattel aus dem Supermarkt. Erstere darf man meist eine gewisse Zeit Probefahren, bei zweiteren ist der finanzielle Verlust verschmerzbar, wenn es nichts ist.
Ledersättel sind insofern problematisch, weil Probefahrten nicht möglich sind (die Satteldecke wird sofort verformt) und sie nicht wenig Geld kosten. Auch verändern sie sich mit der Zeit noch deutlich stärker als Kunststoffsättel und passen sich etwas dem Gesäß an, sodass die oft erwähnte Einfahrzeit vor einem abschließenden Urteil sehr empfehlenswert ist.
Vielen (vielleicht sogar den meisten?) passt ein Ledersattel in der passenden Breite dann tatsächlich sehr gut, aber eben nicht allen. Die Entscheidung, ob du das riskieren willst, kann dir keiner abnehmen. Ich liebe meinen Ledersattel und würde nichts anderes fahren (Brooks Conquest, irgendwann mal in Flyer Special umbenannt worden). Nur auf die Federn würde ich bei einem Neukauf verzichten, die bringen nicht viel Komfortgewinn, dafür jede Menge Masse und quietschen häufig heftig.
Alternativen zu Brooks gibt es z.B. von Selle An-Atomica oder Gilles Berthoud.

Wenn Shimano-Kurbel sein muss (warum?), bleibt dir im aktuellen Sortiment für Vierkant-Aufnahme tatsächlich nur die Wahl zwischen den Einstiegsgruppen Acera und Alivio. Die tuns natürlich, die höheren Gruppen haben das schickere Finish und niedrigere Gewicht, aber auch Hollowtech II. Dessen Ruf ist eher durchwachsen, da die höhere Steifigkeit für Alltags- und Reiseräder weniger relevant ist. Dafür gibt es aber einige Berichte, die die geringere Haltbarkeit im Vergleich zu Patronenlagern beklagen, da Schmutz und Wasser leichter eindringen können.
Alternativ könntest du schauen, ob du gebrauchte Kurbeln aus den 90ern bekommen kannst, die haben alle Vierkant (müsstest du ja kennen). Außerdem finde ich sie eleganter, optisch weniger plump als die neuen, aber das ist ebenso Geschmackssache wie möglicherweise irrelevant...
Bei HTII-Kurbeln sind die Lagerschalen sowieso dabei, Token hat den Ruf, gute Vierkant-Lager zu vernünftigen Preisen zu bauen. Auch die müssen aber eigentlich dreimal so lange halten, wie das BB-UN54, um sich zu lohnen. Das bekommt man ja förmlich hinterhergeschmissen.