Lieber Georg ,

danke für Deinen Brief !

Mit Deinem Wunsch bist Du nicht das einzige , das erste , und und sicher auch nicht das letzte "Nordlicht" , das es zu uns her zieht , bist in allerbester Gesellschaft .
Begonnen hat es im ersten Drittel des 19. Jahrhunderts , als von ersten Ludwig und seinem Sohn , dem zweiten Max die vielen Wissenschaftler und Künstler geholt wurden .
Nach dem siebziger Krieg waren es dann die Reparationsgewinnler , die sich hier im Oberland , speziell in der tegernseer Gegend einkauften , dann im dachauer Hinterland die Künstler . Dann war einige Zeit etwas Ruhe , bis 1943 der Siemens seine Hauptverwaltung - sie wussten frühzeitig von den Teilungsabsichten der Alliierten - von Berlin nach München verlegte . Und dann nach dem Krieg ist es erst so richtig aufgegangen : Wie überall in Deutschland zuerst die vielen Flüchtlinge , dann mit dem Aufschwung des Wirtschaftswunders die vielen "Geldflüchtlinge" aus Westdeutschland .
Da hat sich die Bevölkerungsstruktur sehr verändert .

Eines ist allen gleich : Sämtliche Leiden hamm's hier bei uns . Am schlimmsten der Kopfschmerz beim Föhn , die unbeholfene und schwerfällige Ausdrucksweise der Urbevölkerung , der Kulturschock wegen der Rückständigkeit und Bodenhaftung der Alteingesessenen und so weiter .

Nur ein Leiden haben's nicht : Heimweh !

Es gibt höchstens einen noch größeren Schmerz , nämlich wenn man einem Zug'roasten die Lederhose oder das Dirndl wegnimmt . Das ist für uns auch fast die einzige Möglichkeit , einen Preiß'n zun Schweigen zu bringen !

Lieber Georg - und alle mitlesenden "Nordlichter" , es ist fast schon ein Axiom : Kein Feuer kann brennen so heiß , wie die heimliche Liebe zwischen Bayer und Preiß !

Soweit herzlichste Grüße ,

Dein

Werner
Suppenpanscher

P. S. Mein Vater ist aus dem linksrheinischen Bayern , seit 1934 in München , meine Mutter aus Breslau , seit 1944 im München . Ich bin also ein typischer Nachkriegsmünchner .
Daher auch das innige Verständnis für die Zug'roasten .

P. S. II Werde in Andechs eine Sammlung anregen , damit wir ein Care - Paket in die Diaspora schicken können !