Rücksichtsvoll? Das kann nur an der relativ geringen Verkehrsdichte auf Nebenstrecken liegen. auf Korsika leben nur 300 000 Einwohner, dafür kommen aber auf 10 Einwohner 7 Kraftfahrzeuge. Mehr geht nicht, wenn jedes Fahrzeug von nur einer Person genutzt wird. Die restlichen können einfach keine Fahrerlaubnis haben, weil es zumeist Kinder sind. »Von der Straße abdrängen« ist natürlich schon der Gipfel, das lasse ich nicht zu. Deswegen gibt es ja Erlebnissse wie 2005. In meinem Urlaubstagebuch habe ich seinerzeit folgendes geschrieben:
Mittwoch, 31.08.
7.00 pfeift der Wecker. 7.20 stehe ich auf. Mein Platz auf einer Terrasse am Fluss hat natürlich keine Morgensonne. Zu beißen ist nichts mehr an Bord, alle so halte ich mich nicht mehr lange auf. Ins Bad, dann auch noch in den Fluss, dann lade ich alle auf und fahre, wie gestern geplant, über die Straße nach Moltifao los. Den Aufstieg bis zum Dorf spare ich mir jetzt, an der Abzw. biege ich Richtung Ponte Leccia ab und halte erst wieder am Bahnhof. Die Baufahrzeuge sind jetzt in schönem Licht. Erstaunliches offenbart sich beim genauen Hingucken: die auf den ersten Blick neuen Flachwagen stammen aus Rumänien, Baujahre sind 1980 und 1990. Die etwas ältere Bauart ist von den ČSD, an einigen Achslagerdeckeln hat man das S mit Riesenaufwand rausgeschliffen. Da hatte wirklich jemand nichts zu tun. Die Drehgestelle sind sehr massiv, ich frage mich, wo gibt es in der (ex-)Tschechoslowakei und in Rumänien Meterspur für hohe Lasten? Die Kreuzung nach zehn warte ich nicht ab, erst fülle ich bei „Super U” die Vorräte, dann fahre ich über die Hauptstraße N193 Richtung Casamozza. die Fuhre wird entsetzlich. Ständig werde ich haarscharf überholt, von Lastzügen mit Seitenabstand von deutlich unter 50 Zentimeter, Pkw- Fahrer und vor allem die mit Kleintransportern kommen noch näher. Irgendwann reicht mir das, ich mache die Spur zu. Wie sagte mein Fahrlehrer: „wer hupen kann, kann auch bremsen”. Mehrere Lastzugfahrer dürfen, gerade in Steigungen, runter auf 10km/h. Besser, als wenn sie mich überrollen. Wenn es hinter mir hupt, werde ich bewusst langsamer. sonst kann man mir keinen Trödelfahrstil vorwerfen.
Am letzten Anstieg vor Casamozza passiert es dann. Ein Hundefängerfahrer fährt, nachdem er halsbrecherisch im Linksbogen überholt hat, scharf vor mir auf den Rand, springt vom Bock, brüllt mich an und tritt nach mir. Sein Glück ist, dass ich nichts greifbar habe, was seinen Fenster- oder Lampenscheiben gefährlich werden könnte. Beim nächsten Mal ist der Hammer wieder an Bord.
Am Ende des bald darauf folgenden Gefälles in Casamozza kommt einer der häufigen Kreisverkehre. Wieder versagen die Möchtegernrennfahrer völlig: Sie blinken beim Rein-, aber nie beim Rausfahren. Weil sie im Kreisel auch überholen, kommt es ständig zu brenzlichen Situationen.
Ich bin froh, in Casamozza aussetzen zu können. Am Bahnhof mache ich ein paar Fotos. Hier hat TGV Corse die Werkstätten. Wegen der Oberbauarbeiten stehen zahlreiche Baumaschinen sowie fünf (!) vierachsige rumänienpolnische Dieselloks, die ich schon aus Greifenhagen (Pomm.) kenne, hier.
Nachdem mein Blutdruck wieder in normalen Höhen ist, fahre ich über die viel ruhigere D10 durch die Küstenebene Richtung Zeltplatz. Heute brennt in »la Canonica« Licht, ein Grund für noch ein Foto. Jetzt sehe ich, an ein paar Stellen ist sie auch schon repariert worden. Bei einem Baujahr um 1100 ist das aber verzeihlich. Daneben in den römischen Resten wird mal wieder gegraben. Vielleicht sucht man ja den Beweis, das Napoleon in direkter Linie von Julius Caesar abstammt?
Die Schafe sind irgendwo auf der Weide, da komme ich auch an San Perteo (oder San Parteo) ran. 20 Minuten muss ich aber warten, bis auch die Westfassade Sonne abbekommt.
Auf der Weiterfahrt bis zum Zeltplatz passiert mal nichts. Obwohl heute der 31. ist, kostet es auf dem Zeltplatz San Damiano noch den Augustpreis. Wegen der Lage hat man Entgegenkommen wohl nicht nötig. Nach Aufbauen und Baden fahre ich rein nach Bastia, für eine Stadtrunde und einen (längeren) Blick ins Indernetz. Fa. Rohloff hat schon geantwortet, man hat beim Umbau einen Verzahnungsfehler eingebaut. Ich soll weiterfahren, Schaden kann dadurch nicht entstehen, und das Getriebe dann nochmal einschicken. Die prompte Reaktion finde ich bemerkenswert, einen Fehler geben andere Firmen auch nicht zu. Jedenfalls bin ich beruhigt. Am Freitag kann es in Südtirol etwas feucht sein, das Wochenende soll aber gut werden. Bis dahin soll auch das Stilfserjoch (Erdrutsch nach Hochwasser??) wieder befahrbar sein. Die Fuhre nach Mals wird allerdings ein Problem. Sie klappt nur, wenn ich 12.25 in Livorno wegkomme und in Florenz 6min Übergang reichen. Sonst muss ich in Bozen übernachten. Es gibt aber zwei Zeltplätze. Nun ja, wir werden sehen (sprach der Blinde).
Bei der Rückfahrt lade ich Proviant, morgen wird ein langer Tag. Vom Hafen zum Zeltplatz sind es zwölf Kilometer, um sieben möchte ich loskommen.
20.10 ins Meer, dann Duschen, zuletzt Essen und Schreiben. 23.00 in die Koje.
Die Fernverkehrsstraße zwischen Corte und Casamozza ist vermutlich der schlimmste, weil kaum sinnvoll zu umgehende Abschnitt. Alle andderen Verbindungen bedeuten heftige Höhneunterschiede.
Falk, SchwLAbt