10 Monate Planung/Vorbereitung/Warten auf mich, auf Juchem, auf Corona. Jetzt ist es fertig, einschließlich meiner eigenen Ergänzungen und Anbauten:
Zur Historie von Onkel Ju:
Begonnen hatte das in der Versuchsphase mit Konstruktionsziel: vollgefedert + fahrstabile, gefederte Befestigung zweier Backroller. Tante Ju war das erste Stadium, noch recht ähnlich dem heutigen Onkel, aber sehr labil, vor allem war die Kilo-Gabel der Stabilitätskiller, was ich eine Weile, stolz auf dieses Gerät, nicht wahr haben wollte.
Dann kam Onkel Ju 1, bei dem ich das Gepäck weg vom hinteren Ausleger mit seinen Hebelwirkungen und hin zu einer Anbringung vorne verlagerte, an einer speziellen Konstruktion frei re und li über der Gabel schwebend und jede Menge Kopfschütteln auslösend. Allerdings immer noch mit der Kilo.
Bei Bergabfahrten mußte ich diese recht hart aufpumpen, weil, ganz im Gegensatz zu den Werbeaussagen
, das Einfedern eine massive Veränderung des Nachlaufs bis hin zu kaum noch handlebarem Flattern bewirkte. Erinnere mich an eine schweißhändenasse Abfahrt den Maloja runter.
Dann folgte der Umbau des Onkels auf eine Foxgabel mit 120 mm Federweg: eine Offenbarung. Erstens waren alle Flattereien weg und zweitens erwies sie sich als spürbar komfortabler als die Kilo, die ja als Sensibilitätswunder galt/gilt. Dazu gab es ein Faltgelenk - unwahrscheinlich praktisch, weil den Zugang zu Kofferräumen und anderen Ladeabteilen öffnend.
Das Kapitel Sumo Ju mit seinem 40 cm längeren Radstand und dem Gepäck zwischen den Kurbeln und dem Vorderrad überspringe ich hier. Ein wunderbares Rad, mit dem ich nach wie vor viel unterwegs war/bin, die Fahrstabilität auch und gerade mit Beladung zaubert immer wieder ein Grinsen von Ohr zu Ohr in mein Gesicht. 80 km/h den Paß runter: ein Vergnügen, wie auf Schienen. Ebenfalls faltbar und schon im Kofferraum eines mittelkleinen Fiat in trauter, nicht coronakompatibler Gesellschaft mit dem Fahrer, mir und einer dreiköpfigen Jungfamilie in Apulien unterwegs gewesen.
Jetzt der zweite Onkel. Meine Wünsche waren: höheres Tretlager, damit ich auch mit meiner Bereifung 35/559 in den Kurven nicht aufsetze, längeres Oberrohr (+4 cm) und ein tapered-Steuerrohr. Dazu die vorige Bastellösung der Lenkertaschenanbringung fest am Rahmen ersetzend und mit einer klassischen Ständeraufnahme unter den Kettenstreben.
Über Weihnachten wurde das bei Juchem festgezurrt und Anfang Februar erfolgte auf einem Autobahnrastplatz die Übergabe.
Die Erstmontage offenbarte leider sehr schnell, daß das Faltgelenk aufgrund meiner Angaben zu weit hinten plaziert war, das große Kettenblatt konnte nicht frei drehen. Dumm gelaufen. Wir haben uns dann die Schuld gegenseitig geteilt....Der neue Hauptrahmen wurde dann in der Coronahauptphase fertig, allerdings warteten wir viele Wochen lang auf den Beschichter, der nur noch auf Sparflamme kochte. Im April war es dann so weit, das ersehnte Paket stand vor der Tür und ich begann, glücklich zu werden.
Vorübergehend. Denn auch einem alten Hasen mißlingt mal ein vertrauter Handgriff und ich ruinierte das Schaltaugengewinde. Diesesmal brauchte ich aber nur die natürlich demontierbare Kettenstrebeneinheit wegzuschicken und innerhalb von 5 Tagen kam sie mit einem sauberen Helicoileinsatz wieder zurück. 1 Tag später erfolgte die erste Probefahrt.
Eine gewisse Sorge, was noch weiterhin unerwartet alles zum Problem werden könnte, begleitete den Aufbau, bis nach 120 km Fahrens klar war: alles stimmt. Von der Geometrie bin ich begeistert, nochmal eine Steigerung für meine Körpermaße zu den in dieser Beziehung gleichen Vorgängern. Die handwerkliche Fertigungsqualität und das finish aus dem Hause Juchem halte ich für mindestens auf dem Niveau befindlich, wie die sagenhaften Rahmen von Klein und Canondale vergangener Jahrzehnte, denen aber die Pulverbeschichtung und die konstruktive Variierbarkeit voraushabend.
Die Gabel, wieder eine Fox, im Ausverkauf spektakulär günstig erworben, wartet mit 120 mm Federweg und breitem Booststandard sowie 15er Steckachse auf, das war ebenfalls aus Stabilitätsgründen auch ein Wunsch gewesen.
Details:
Die Befestigung des Scheinwerfers per Kralle von unten in der Gabel (oben nutze ich einen Expander, sodaß alles auch entfernbar ist):
Die Montage des vorderen, abklipsbaren Schutzblechs (wenn zwecks der Verkleinerung des Transportmaßes das VR ausgebaut wird, sollte das Schutzblech dringendst auch entfernt werden können), die Gabelbrücke weist hinten zwei neckische M3 Gewinde auf, klasse, aber zur Sicherheit noch mit zwei Kabelbindern verstärkt:
Das Schutzblech hinten wird ausschließlich an der Kettenstrebe befestigt, 4 Punkte sorgen für absolut vibrationsfreien Betrieb. Zur dauerhaften Schonung der M5 Alu-Gewinde habe ich VA Schrauben von innen nach außen geschraubt (auf der Antriebsseite Senkkopf), sodaß ich nur Stahlmuttern auf Stahlschrauben handhaben muß:
Jetzt das Thema Gepäckträger. Es ist die fünfte Generation von Eigenbauten. Dazwischen gab es noch den von mir konstruierten und in Auftrag gegebenen Träger von Juchem für die Tante. Das Ding sollte mit Baumarktaluminiumprofilen selber herstellbar sein, Biegevorgänge führe ich mit Hartholzschablonen durch.
Gewährleistet mußte werden: möglichst vieldimensionale Konstruktion für Stabilität, auch wenn und weil eine Abstützung an der Kettenstrebe nicht möglich ist, die Umgehung von Kontakten zur einfedernden Sitzstrebe, Aufhängung der Taschen an einem 16er Rundrohr und deren untere Abstützung mittels einem Extrabügel und natürlich Wahrung der Fußfreiheit und daß das Gepäck trotzdem möglichst seinen Schwerpunkt nicht hinter der Hinterachse hat.
Mein Modell der letzten zwei Jahre war schonmal stabil und praktisch, aber dennoch verbesserungsfähig, schon allein beim Gewicht. Irgendwann in einer Nacht hatte ich dann nach x verworfenen Ideen diejenige im Kopf, die ich dann verwirklichte:
Hier auch zu sehen, welchen Aufwand ich für die Biegung der linksseitigen Schutzblechstreben betreiben mußte, daß die nirgends anliegen und klappern:
Ein Gag ist die Trageschlaufe, die ich unterwegs oft vermißt hatte, das Greifen und Heben des bepackten Rads in irgendwelche scharfkantigen Aluteile ist unangenehm:
Das X-Blech, daß das Zusammendrücken der Seiten verhindert:
Tja und dann das Lackieren. Bei einem Versand für RAL Autolacke erwarb ich nicht nur einen Lackstift in Rahmenfarbe (RAL 5026 Perlnachtblau), sondern auch eine dazu passende Sprühdose und einen Grundierer, der speziel auch für Kuststoff gedacht war, denn die banal silbernen Bluemels haben mir auch nicht so extrem gefallen.
Der erste Versuch vom Grundierer und dem Lack war verblüffend: jede Schicht war nach 5 Minuten trocken. Die Ausbreitung einer Garnitur großer Kartonagen auf meinem Balkon in der Sonne machte das zu einem ungefährlichen Vorhaben.
Der Haftvermittler war allerdings mit den polierten Plastedingern völlig überforfert. Man konnte den Belag mit dem Fingernagel wieder abschieben. Sehr viel besser haftet das dunklere Blau auch auf dem Metall nicht: klarer Mißgriff. Neuer Versuch. Mit einem Markengrundierer und vor allem der groben Aufrauhung der Bleche mit der Drahtbürste (drastischer kann auch Boruttisieren nicht sein) ergab sich dann ein ganz anderes Bild: das Lichtblau RAL 5012 scheint diesesmal fest zu sein. Den Träger lackiere ich nach der Reise ggf nochmal neu.
Noch einige Details:
Die Entkoppelung der beladenen Lenkertasche vom Lenker hat sich als außerordentlicher Gewinn erwiesen, will ich nie mehr missen. Die zweite (blaue) Klemmung über den Spacern ermöglicht, den Vorbau zum Transport einfach abnehmen zu können:
Weiteres:
Naturgemäß sehr eng geht es im Bereich Bremsscheibe-Rahmen hinten zu:
Tja, und dann natürlich Bilder mit Beladung:
Noch ein paar technische Angaben:
Rahmenhöhe: 53
Oberrohrlänge waagerecht: 65
Laufräder: 559
Reifen: 35/559 Slick
Lenkwinkel: 71°
Sitzwinkel 74°
SON 110/15
Nabe hinten DT 440
Kurbeln XT 785 3x9 44-32-20 (Mountain Goat)
Kassette XT 11-34
je 32 Speichen DT 2,0/1,8/2,0
Schaltwerk XT
Umwerfer E-Type
Schalthebel XTR 9-fach
Kette HG 93
Bremsen Saint, Beläge Metall, Scheiben Tektro 2x 180
Smart Rücklicht unter dem Sattel
Edelux 1
Pedale XT mit entfernter einseitiger Klickaufnahme und Haken und Riemen
Im kleinen Flaschenhalter: das Werkzeug in der Toolflasche
Fertich.