Im Land
Harwich - Oxford
28.08.2010 – 31.08.2010
Frühstück auf der Fähre und dann machen sie einem Beine…also runter von der Fähre und rauf auf die Insel.
Für einige Wohnmobilkutscher begann der Tag mit einer ausdauernden Durchsuchung. Ich wurde durch die Customs einfach nur durchgewunken und die Reise ging los.
Kurzer Blick auf die Karte und weg von der Stadt und dann…genau…ich landete gleich auf einer Autobahnähnlichen Straße, der A 120, die nicht gerade Radfahrerfreundlich ist. Eine von den grünen Strecken auf der Ordnance Survey Travel Map. Hier wird man erst mal von einer 4-fachen Abfolge von „LINKS FAHREN“-Schildern im Land begrüßt. Hat mich etwas gewundert, denn hätte man das nicht schon beim ersten Schild begriffen, hätte man vermutlich das zweite gar nicht erreicht.
Ja der Linksverkehr. Ich war 5 Wochen im Land und ich bin trotzdem fast jeden Morgen erst mal auf der falschen Seite der Straße losgefahren. 34 Jahre Rechtsverkehr prägen doch ganz ordentlich. Ansonsten war es nicht weiter schwierig. Zumindest mit dem Fahrrad.
Fahrrad und Autofahrer. In unserem Land ja immer wieder ein Streitthema, in den Medien, im Wartezimmer und am Stammtisch. In Verlauf meiner Reise war das kein Problem. Die englischen Autofahrer tun zwar alle so, als wären sie auf einer Ralley und schenken sich untereinander nichts, aber gegenüber den Radfahrern sind sie erstaunlich Rücksichtsvoll.
Ich wollte jedoch so schnell wie möglich runter von dieser Straße und raus ins Ländliche. Die Fahrbahnen der kleineren Landstraßen haben einen merkwürdigen Belag. Es sieht so aus, als hätte man hier nach dem Asphaltieren massenhaft kleine Kiesel in den Belag gedrückt. Das erhöht den Rollwiederstand der Reifen ganz ordentlich und auch einen zweiten Nebeneffekt hat das Ganze. Diese kleinen Kiesel lösen sich alle Nase lang und werden einem von entgegenkommenden Fahrzeugen gegen die Beine geschleudert, was zuweilen ganz ordentlich zecken kann. Ab und an fliegen die Steine auch höher, also unbedingt Brille tragen! Seitlich begleitende Radwege sucht man auf dem englischen, und später auch auf dem walisischen, Land zumeist vergebens. Sind sie dann doch mal vorhanden muss man sie sich mit den Fußgängern teilen und sie sind zuweilen unmöglich geführt. Sprich, man muss, um ihnen zu folgen, den Fahrbahn andauernd überqueren.
Die meisten Land- bzw. Überlandstraßen, also die von Dorf zu Dorf-Wege, sehen im Prinzip genauso aus, wie man sie aus englischen Filmen kennt, etwa 2 - 3 Meter Fahrbahn eingegrenzt von Hecken, Mauern oder gelegentlich auch Bäumen.
Diese kleinen Straßen und Wege weiß man aber zu schätzen wenn man mal notgedrungen, manchmal lässt es sich ohne riesige Umwege nicht vermeiden, auf einer der grünen Routen aus der OS Map gelandet ist. Da wird man dann schon mal in 50cm Abstand von 40Tonnern mit voller Geschwindigkeit überholt und das ist nun gar nicht lustig.
Was alle Straßen gemein haben, egal ob nun groß oder klein sind immer wieder auftauchende Steigungen und Gefälle. Soweit so gut, aber sie sind zuweilen ganz ordentlich und ich war auch immer mal wieder zum Absteigen gezwungen. In dem gesamten von mir befahren Bereich waren die Straßen nämlich immer so gebaut, wie gerade Platz war, so wurden Steigungen oft nicht mit langsam ansteigenden Serpentinen bebaut sondern schnurgerade den Hügel hoch. Das soll wohl daran liegen, dass im Königreich kaum Land in staatlichem Besitz ist und somit teuer von den Landwirten gekauft werden muss.
Was gibt es noch zu sagen, zu den gefahrenen Strecken? Pausenmöglichketen. Sprich man will mal anhalten, eine Rauchen, oder sich die Beine vertreten oder einfach mal ein Foto machen. Fehlanzeige. Letzendlich bleiben einem nur die auffahren zu Agragrundstücken wie Felder oder Wiedewiese. Ansonsten wie schon gesagt, rechts und links direkt an den Fahrbahnen sind Hecken gepflanzt oder Mauern hochgezogen.
Was mich auch gewundert hat ist, dass es in einem Land, mit soviel Regen, so wenige Überdachte Pausenmöglichkeiten gibt. Auch Bushaltestellen auf dem Land waren oft nicht überdacht.
Etwas was mich in den ersten Tagen meiner Reise fast in den Wahnsinn getrieben hat, sind die schlechten Ausschilderungen. Oft wird irgendwann ein Ort erwähnt, an dem man sich orientiert und plötzlich verschwindet er von den Schildern und auf der 1:250 000 Karte wird er nicht erwähnt. Oft sind von den hölzernen Wegweisern auch nur noch verfaulte Stumpen übrig und die Schilder sind weg. Auch sind viele Schilder an Mauern geschraubt, die aber völlig mit Grünzeug zugewuchert sind.
Also fassen wir nochmal zusammen:
Die grün markierten Strecken auf der OS-Travel Map vermeiden.
Landstraßen haben einen wenig radfahrerfreundlichen Belag.
Oft starke Steigungen und Gefälle.
Keine bzw. wenige Radwege, die dann aber oft schlecht geführt sind.
Auf vielen Strecken gibt es wenige Möglichkeiten, am Straßenrand mal zu pausieren. Überdachte Pausenmöglichkeiten sind noch seltener.
Die kleinen Landstraßen sind oft sehr schlecht ausgeschildert.
Die Autofahrer sind im Allgemeinen sehr rücksichtsvoll.
Das sind die unveränderlichen Rahmenbedinungen für das Radreisen auf englischen und walisischen Straßen. Damit muss man einfach leben und seine Streckenplanung darauf einrichten.
Um die negativen Eindrücke zu verarbeiten habe ich die ersten 4 Tage gebraucht, bis ich mich mental soweit im Griff hatte, dass ich mich auf Urlaub und Entspannung einrichten konnte.
Nun aber wieder zur Reise selbst. Die merkwürdigen Straßen führten mich immer wieder durch kleine Siedlungen, Dörfer und Städtchen. Alles verry britisch. Mit dem doch recht guten Wetter und ganz ordentlichem Sonnenschein hatte das ganze immer wieder an riesige Puppenstuben erinnert. Ein Großteil der Gebäude stammte noch aus dem 16. und 17. Jahrhundert, aber wirklich richtig nett anzuschauen waren die Gebäude aus dem 19. und frühen 20. Jahrhundert. Mit den Farbenfrohen Fassaden und den alten Holzschildern über den Eingängen.
Selbst wenn mal etwas neu gestaltet werden musste, hat man sich im Stile doch an dem Alten orientiert. So blieb der Charm der Städtchen im Ganzen erhalten.
Zwischen den Städten gibt es immer wieder typisch englische Agralandschaften, Felder und weidewiesen mit den allgegenwertigen Schafen und auch recht vielen Pferden.
Mit diesen Eindrücken und Aussichten bahnte ich mir nun meinen Weg vorerst bis Oxford, mit Übernachtungen in Gosfield, Hertford und Ivinghoe. Die schon angesprochen Beschilderung bescherte mir immer wieder ordentliche Umwege. Von Harich nach Gosfield sind es etwa 55km, gefahren bin ich tatsächlich mehr als 82km. Das gleiche Spiel dann am Folgetag von Gosfield nach Hertford, was etwa 60km sind, gefahren bin ich 93km. Das hat ganz schön an den Radfahrernerven gezert, aber irgendwann hatte ich den Bogen raus, bin zwar immer noch Umwege gefahren, habe sie aber nicht mehr als solche wahrgenommen…frei nach dem Motto, „Der Weg ist das Ziel“ lernte ich zu genießen. So kam ich dann in einer der wenigen größeren Städte an, die auf meiner Liste standen, Oxford.
Oxford macht wirklich spaß. Die Stadt ist entspannt, sehr studentisch geprägt, und sehr historisch. Lässt man mal die bunten Outdoorklamotten der Studenten und Touristen weg, fühlte man sich wie in einem Historienfilm.
In Oxford habe ich dann auch das erste Mal einen typisch englischen Pub besucht. Und ich war begeistert. Teilweise mehr als 15 verschiedene Sorten Bier vom Fass. Zuweilen waren die Theken so lang, dass es jede Sorte zweimal gab, damit der Barkeeper nicht so weit laufen musste. Und was soll ich sagen, das englische Ale hat mir sogar recht gut geschmeckt.
Hm…schmecken…genau, englisches Ale ist super, aber hier und auf der kompletten Reise war das Essen wirklich seinem Ruf entsprechend…mieserabel.
(Wenn mir mal einer der Admins kurz per PN erklärt, wie ich hier ordentliche Bilder reinbekomme, reiche ich die nach.)