ob die Hundehalter wirklich immer so gut über Hunde Bescheid wissen kann man durchaus anzweifeln. Ich denke, das ein Großteil nicht in der Lage ist den eigenen Hund realistisch einzuschätzen.
Da würde ich gerne ein Beispiel aus meiner Endschulzeit anfügen. Ich glaub, ich hab's hier auch schon mal vor einiger Zeit geschrieben oder Forumsteilnehmern erzählt. Unser damaliger Nachbar (UG des Nachbarhaus, Einfamilienhausgegend) wohnte in einem Hausverbund mit einer Dame (OG) - beide alleinstehend. Der Schäferhund des Rentners hatte eine Polizeiausbildung. Der Mann trainierte auch täglich Sprünge und Kommandos mit ihm auf einer ortsausseitigen Feldwiese. Zwar gehorchte der Hund auf jedes Kommando des Rentners, trotzdem reagierte der Hund beim Vorbeigehen Fremder meistens agressiv. Nur festes An-der-Leine-halten konnte Angriffe vermeiden. Begründung bei mir war laut Halter der Bart (als Schüler hatte ich einen). Interessanterweise reagierte er bei meinem Bruder ebenfalls agressiv (ohne Bart!). Es waren aber auch andere Straßenbewohner betroffen, wobei der Rentner sich bemühte, Leuten aus dem Weg zu gehen.
Der Hund war sonst an einer sehr langen Leine mit Gartenauslauf. Dort bekam er auf einer Art Terrasse auch immer sein Fressen. Als der Rentner mal in Urlaub fuhr, übernahm das Fressen-geben die Dame des Hauses. Der Hund kannte diese Dame selbstverständlich sehr gut (lebten ja quasi aneinander). Beim Rausschieben der Fressschüssel hat der Hund dann einfach in den Arm der Frau gebissen.
Der Hund wurde (nicht deswegen) von einem Hundemörder vergiftet (es traf mehrere Hunde der Umgebung). Der Rentner kaufte sich einen neuen Schäferhund - ebenfalls vortrainiert. Dieser Hund reagierte zwar etwas sanfter, aber letztlich ähnlich. Es ist nicht nur so, dass die Halter ihre Hunde nicht kennen - sie weigern sich auch, das schwierige Verhalten ihrer Hunde zur Kenntnis zu nehmen. Denn das Wissen um die Agressivität verlangt ja eine Reihe von Eingeständnissen - möglicherweise hin bis zur freiwilligen Abgabe des Hundes. Viele verwechseln "kennen" mit: "Bei mir reagiert er so und so" - sie wissen aber nichts über das Tier jenseits der eigenen Leine. Und manchmal nicht mal das. Aber sie bilden sich ein, alles zu wissen.
Und diese Einbildung führt zu Ignoranz oder gar Überheblichkeit gegenüber der Umwelt - also auch gegenüber dem Radfahrer, der im Gegensatz zum Autofahrer dem Hund gewissermaßen während des Fahrens ausgesetzt ist. Übrigens auch dann, wenn er NICHT auf dem Radweg fährt. Der Hund erkennt zwar ein Blechmobil als Grenze an, meistens aber nicht die Fahrbahn als solche. Die meisten von mir als schwierig erlebten Hundesituationen spielten sich auf Straßen ab. (Auch deswegen ist der Pferdevergleich unsinnig. - Pferde sieht man übrigens rechtzeitig!)